Briefe an Dichter und Gelehrte, Verleger und Freunde

Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Gerhard Kosellek

von

Georg von Hauenschild, Gutsherr auf Tscheidt in Oberschlesien (1825–1855), ist unter dem Pseudonym Max Waldau in die Literaturgeschichte eingegangen, aber nach seinem frühen Tod mitsamt dem literarischen Oeuvre der Vergessenheit anheim gefallen. Obgleich von den Ideen des Vormärz maßgeblich beeinflusst, besteht bei ihm eine gewisse Affinität zur Romantik, wie dies schon der Titel seines ersten Werkes Ein Elfenmärchen (1846) bezeugt.
Für den Verlauf von Hauenschilds Schaffensprozess und seiner literarischen Pläne waren die hier veröffentlichten Briefe, unter anderem an Justinus Kerner, Heinrich Heine, Leopold Schefer von enormer Wichtigkeit. Sie widerspiegeln sein immerwährendes Bestreben, sich als Autor zu profilieren. Andere wiederum werfen Schlaglichter auf sein Werk und seine Individualität, wobei den programmatischen Auslassungen über das Naturevangelium eine besonders wichtige Bedeutung zukommt. Großen Wert legte er auf historische Glaubwürdigkeit, wovon seine Bitten um Beschaffung wissenschaftlicher Literatur beredtes Zeugnis ablegen; diese seine Arbeitsweise hob er nachdrücklich hervor.
Nicht zuletzt vervollständigen die Briefe die bisherigen bibliographischen Angaben um weitere Rezensionen und Artikel in den verschiedensten Journalen. Eine neue Bestandsaufnahme für diese wie auch für die Oberschlesien betreffenden Beiträge ist ein daraus resultierendes Desiderat, die systematische Sichtung der einschlägigen Zeitschriften hierfür unumgänglich.
Im allgemeinen zeigen die Briefe Georg von Hauenschilds das Bild eines hoch gebildeten, mit Kunst und Literatur bestens vertrauten wie auch sprachbegabten Mannes, dessen geistiger Horizont über die Grenzen seines natürlichen Umfelds weit hinausreichte und der bestrebt war, sein Wissen und seine Stellung in der Gesellschaft zum Wohle seiner Mitbürger einzusetzen. Die immerwährenden Anerbieten an Zeitungsredaktionen, Berichte über Oberschlesien zu schreiben und damit die desolaten Zustände des Landes in ganz Deutschland bekannt zu machen, zeugen von der Erkenntnis, dass soziale Reformen von der preußischen Regierung nur unter dem Druck der Öffentlichkeit herbeigeführt werden können. Diesem Zweck dienten gleichfalls die Zustandsschilderungen in den beiden Romanen, worauf er seine Briefpartner nicht ohne Selbstgefälligkeit hinweist. Sein früher Tod setzte allen seinen literarischen und publizistischen Bestrebungen ein jähes Ende.
Mit dem Faktenreichtum der hier veröffentlichten Briefe – es ist die erste Ausgabe dieser Art – und der Vielfalt der in ihnen aufgeworfenen Probleme wird sich die Forschung in Zukunft auseinandersetzen müssen, will sie Georg von Hauenschild aus der Vergessenheit entreißen und ihm mit seinem bisher nur selektiv erschlossenen Werk einen Platz – wenn auch nicht in der ersten Reihe – unter den Schriftstellern um die Mitte des 19. Jahrhunderts zuweisen. Eine allzu starke Fokussierung auf die Romane hat dies bisher verhindert. Erstmals ermöglichen die Briefe Rückschlüsse auf sein gesamtes literarisches Schaffen. Der Erkenntniswert, der aus der vielfachen Darlegung seines Standpunktes als Dichter resultiert, ist hierbei von größter Relevanz.