Matt Ruff: „Lovecraft Country“

Lovecraft Country | Matt Ruff besprochen von Hauke Harder am 19. Juni 2018.

Bewertung: 5 Sterne

Das Buch erzählt über den Rassismus in Amerika während der Jim-Crow-Ära und gleichzeitig erweckt es das Lovecraft-Grauen, das laut dem umstrittenen Autor Lovecraft im sogenannten „Lovecraft Country“ sein Unwesen getrieben haben soll.

Matt Ruff ist ein phantastischer Autor, der sehr gekonnt unterhält. Er vermischt viele Genres und erlangte durch seine Romane „Kultstatus“. 1991 hat er mit „Fool on the Hill“ einen „tolkschen“ Sommernachtstraum auf einem Campus platziert. Es folgten „G.A.S“, „Bad Monkeys“ und „Ich und die anderen“. Ruff schafft es, Unterhaltsames, Phantastisches und Witziges mit ernster Literatur zu vermischen. Es sind Romane, die Elemente des Science-Fiction, der Fantasy und der Magie beinhalten. Ruff scheint selbst ein Medien-Junkie zu sein, denn seine Anspielungen schöpft er aus der Filmwelt, der Musik, der Literatur und der Comic-Kultur. Sein neuster Streich spielt im „Lovecraft Country“. Lovecraft gilt als Schöpfer der phantastischen und anspruchsvollen Horrorliteratur. Doch war er auch eine umstrittene Persönlichkeit, denn er galt als menschen- und frauenverachtender Rassist. So verbindet das neue Werk von Matt Ruff ebenfalls beide Themen: das Phantastische und den Rassismus.

Der Koreaveteran Atticus macht sich auf die Suche nach seinem Vater. Es begleiten ihn sein Onkel George und die Freundin Letitia. Es ist das Jahr 1954 und das Reisen in Amerika ist für einen Farbigen nicht ungefährlich. George hat auch aus diesem Grund den Reiseführer: „Safe Negro Travel Guide“ herausgebracht. Das Verhältnis zwischen Atticus und seinem Vater Montrose ist schwierig und sie haben lange keinen Kontakt gehabt. Nun erhält Atticus ein Schreiben, in dem der Vater, der von einem Tag auf den anderen verschwunden ist, mitteilt, dass er dem Familiengeheimnis von Atticus Mutter auf die Spur gekommen sei. Atticus und George reisen dem Vater hinterher. Mit dabei ist die Jugendfreundin Letitia, die sich von Gott berufen fühlt, bei diesem Abenteuer dabei sein zu sollen. Auf der Fahrt müssen sie sich viele rassistische Anfeindungen gefallen lassen. Die Reise wird immer bizarrer und es scheint sie auch ein mysteriöses Fahrzeug zu verfolgen. Auch in den Wäldern lauern wohl nicht nur Grizzlys. Sie gelangen letztendlich auf das Anwesen der Braithwhites und im alten Herrenhaus tagt der Orden der Alten Morgenröte, eine weiße, rassistische Geheimloge. Diese Adamiten sehen in Atticus einen Avatar und mit seiner Hilfe soll eine Zeremonie durchgeführt werden. Doch Caleb Braitwhite hat ganz andere Pläne und hilft erstmalig Atticus und seinen Begleitern, damit er selbst sich aus dem Schatten seines Vorfahren befreien und die Herrschaft anstreben kann.

Wieder zurück möchte Letitia ein Haus erwerben. Doch werden auch bei der Haussuche Fäden gestrickt, die immer wieder zu Caleb Braitwhite zurückzugehen scheinen. Ihr Traum von einem Haus entpuppt sich als Alptraum, denn in den Gemäuern scheint es zu spucken. George und Montrose machen sich auf die Suche nach dem Buch ihrer Vorfahren, in dem die Schuld der Sklavenbesitzer genauestens berechnet und festgehalten wurde. Doch diese Suche verläuft erneut über den Orden der Alten Morgenröte. Für diesen Orden sollen sie das Buch des Lebens, das Gegenstück zu Lovecrafts „Necronomicon“, beschaffen. Alle geraten in Abenteuer, die den Romanen entsprungen zu sein scheinen, die Atticus und George so gerne lesen. Sie treffen auf geheime Logen, Hexenmeister, magische Autos, Geisterhäuser und noch fremde Planeten. Sehr unterhaltsam werden diese einzelnen Perspektiven und Geschichten miteinander verwoben und der Spannungs- sowie Unterhaltungsbogen reißt niemals ab.

Ein Roman, der die dunkle Geschichte Amerikas beleuchtet, nebenbei sehr spaßig und spannend die Naturgesetze auf den Kopf stellt und viele kleine Höhepunkte setzt. Es bleibt die Frage, ob uns die großen Alten von Lovecraft mehr ängstigen als wir uns vor uns selbst?

Ein unterhaltsamer Roman, der mehr zu bieten hat und wieder das typische Ruff-Flair verströmt!

zuerst veröffentlicht auf Leseschatz

 

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