„Was dunkel ist, muss ans Licht kommen“

Alligatoren | Deb Spera besprochen von StefanieFreigericht am 6. September 2018.

Bewertung: 4 Sterne

„Was dunkel ist, muss ans Licht kommen“ S. 148
Branchville, South Carolina. In den 1920er Jahren hat der Baumwollkäfer die Ernte gefressen, die Bevölkerung ist von Armut bedroht.
Gertrude Pardee und ihre vier Töchter hungern, während ihr Mann Alvin seinen Lohn versäuft. Sie scheut die Blicke anderer, denn „Jede von ihnen hat es selbst schon erlebt oder kennt eine Frau, die die Spuren einer Männerfaust trug.“ S. 146 Doch Gertrude, „diese schmächtige Frau mit dem Kampfgeist einer streunenden Katze“ S. 356, hat von ihrem Daddy gelernt, mit einer Flinte umzugehen. Davon wird sie im Laufe der Handlung Gebrauch machen.
Annie Coles ist Anfang 70 und seit ihrem 18. Lebensjahr mit Edwin verheiratet, Plantagenbesitzer. Wegen der Baumwollkäfer setzt er alle Karten auf den Tabakanbau. Sieben Kinde haben sie bekommen, doch mehr als die zwei, die tot geboren worden, setzt seiner Familie der Tod von Buck zu, als dieser erst zwölf war. Mit ihren Töchtern Molly und Sarah habe die Eltern keinen Kontakt mehr. Die Söhne sind immer noch Junggesellen „Meine Söhne sind Männer in den besten Jahren, denen die Welt offensteht, aber sie verhalten sich wie zwei gehandicapte alte Junggesellen. Wenn der eine blinzelt, ist der andere blind.“ S. 159 Mit Sohn Lonnie leitet Annie eine Näherei und gibt Frauen der Umgebung so ein Auskommen. Dort bewirbt sich auch Gertrude, während sie Unterkunft nimmt im Nachbarhaus von Retta.
Oretta „Retta“ Bootles ist Köchin der Coles und lebt im Viertel der Farbigen. Dass sie sich um das kleine weiße Mädchen Mary kümmert, die Tochter von Gertrude, bringt ihr nicht viele Sympathien ein. Sie steht Annie und Gertrude bei, sieht vieles, nicht nur, weil sie gelegentlich Vorahnungen hat. „Ich frag mich, ob du die Dinge, die du siehst, beim Namen nennen musst, um die Sünde darin auszutreiben. … Ich lege sie in die Kiste, schließe den schweren Deckel und befestige ein Vorhängeschloss daran, aber Miss Annies Wünsche zählen genauso wenig wie meine. Die Wahrheit ist ans Licht gekommen. Das Geheimnis ist tot.“ S. 231 Ihre Vorahnungen erzählen vom Tod.
Dieser Südstaaten-Roman von Deb Spera aus der Krise vor der großen Wirtschaftskrise erzählt von starken Frauenfiguren aus völlig unterschiedlichem Hintergrund. Die Perspektive wechselt zwischen den drei jeweils als Ich-Erzählerin, jeweils mit eigener Stimme. Bei Gertrude ist dann die Grammatik passend („größer wie“), kommt aber vermutlich nicht so klar heraus wie im Original. Die Stimmung ist düster, drohend, voller Vorahnung, wie vor dem Sturm, der dann tatsächlich kommt. Einzig Rettas Grundhaltung ist immer die von Tatkraft, Glaube, Hoffnung trotz eigenen erlittenen Leids. Alle Frauen haben diesen Fatalismus des „Männer können nicht aushalten, was Frauen erdulden müssen.“ S. 360 Bald müssen die drei Frauen nicht nur erdulden, sie müssen sich stellen.
Bis auf den für mich etwas holprigen Einstieg durch Gertrudes schlurige Grammatik, bis ich kapiert hatte, dass die ABSICHT war, konnte ich das Buch gut lesen. Ich persönlich würde es eher unter Unterhaltungsliteratur einordnen als unter anspruchsvoller Literatur, nichtsdestotrotz fühlte ich mich glaubhaft in die Situation versetzt.Insgesamt waren mir jedoch die „Bausteine“ des Plots zu typisch, zu plakativ, die drei Frauentypen (weiß und wohlhabend, „white scum“, Nachkommin von Sklaven in Anstellungen bei Plantagenbesitzern), das Geheimnis an sich.
Ich schwankte zwischen 3 und 4 Sternen und runde von 3 1/2 auf.

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