In der Reihe und außer der Reihe

Studien und Vorträge zu Johannes R. Becher

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… und wer zu trennen meint zwischen dem Dichter und dem Minister, der hat mich gründlich mißverstanden. (JOHANNES R. BECHER, 1954)

In gewisser Weise steht Johannes R. Becher (1891–1958) exemplarisch für die Konflikte und Haltungen vieler politisch
aktiver Bürger in der DDR. Auch das ist ein Grund, ihn gerade heute zu lesen. Denn fast dreißig Jahre nach dem Ende dieses Staates ist es an der Zeit, genauer danach zu fragen, was die Überzeugungen und Handlungsmotive jener Menschen waren, die ihn gestaltet und über Jahrzehnte getragen haben. Ein Dialog über versteinerte Vorurteile hinweg, der Prozeß gegenseitigen Verstehens im vereinigten, aber noch längst nicht gemeinsamen Deutschland hat ja kaum erst begonnen.
Die hier vorgelegte Sammlung mischt publizistische und interpretierende Beiträge des Literaturwissenschaftlers Dieter
Schiller, langjähriger Leiter des Zentralen Arbeitskreises Johannes R. Becher im Kulturbund der DDR. Der Titel »In der
Reihe und außer der Reihe« soll daran erinnern, daß Becher, der sich bewußt als einer der Vielen in der Marschkolonne des
kämpfenden Proletariats verstanden hat, doch immer wieder aus der Reihe tanzte. Er hatte seinen eigenen Kopf, auch wenn er ihn am Ende meist der Parteidisziplin beugte.

Johannes R. Becher ist und bleibt eine imposante Erscheinung in der deutschen Literatur, als ein Dichter, aber auch als zentrale Figur des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller, als Gründer des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands und schließlich als Kulturminister der DDR.

Das Buch bemüht sich dem Dichter zu geben, was des Dichters ist. Denn es lohnt, ihn zu lesen – in kritischer Auswahl, versteht
sich. Kritik hat er verdient, vergessen zu werden nicht.