Familienleben – eine Kunst

Familiäre Verhältnisse | Sophie Bassignac besprochen von Birgit Kidd am 17. April 2019.

Bewertung: 5 Sterne

Wer macht sich schon im Alltag Gedanken über seine Familie?  Sophie Bessignacs Roman „Familiäre Verhältnisse“ aus dem Atlantikverlag lädt dazu ein. Die Autorin lässt uns das auf den ersten Blick vor allem unterhaltsame Zusammenleben der Familie von Isabelle erleben. Sie führt ihren Freund und vielleicht künftigen Ehemann in ihre Familie ein, um ihn der Prüfung durch ihre lieben Verwandten zu unterziehen. Beide reisen also gemeinsam auf das Landgut der Familie.

So weit, so gut. Pierre ist mehr oder weniger willkommen, denn die Familie birgt nicht nur Stoff für fröhliche Gemeinsamkeiten sondern viele Geheimnisse. Geheimnisse, die zusammen schweißen, aber eben auch Geheimnisse, die geheim bleiben sollen. Ein „Eindringling“ stört dann auch schon mal.
Das große Geheimnis, das für Leser*innen nach Lektüre des kleinen 190-Seiten Romans bleibt, ist die Frage, ob Pierre die Prüfung durch die Familie besteht oder ob umgekehrt vielleicht die Familie seinem Urteil nicht standhält. Immerhin flüchtet er nach nur drei Tagen im Schoß der exzentrisch-quirligen Familie, in der so manches ausgesprochen wird, was in seiner kleinen Familie nie zur Sprache käme.  So bleibt am Ende offen, ob Pierre und Isabelle heiraten werden. Sicher ist, dass mit ihnen zwei sehr unterschiedliche Familienkonzepte aufeinander stoßen.  
Diese werden uns jedoch nicht analytisch vorgeführt sondern eher spielerisch. In der ersten Hälfte des Romans gelingt es der Autorin auch leicht ihre Leser*innen mitzuziehen. Es gilt ja noch die Macken der einzelnen Familienmitglieder und ihre individuellen Geschichten zu entdecken. In der zweiten Hälfte fehlt dieses Element und es gelingt Bessignac nicht, es durch einen weiteren Spannungsbogen zu ersetzen, denn siehe oben: die Frage, die Pierre und Isabelle eigentlich aufs Landgut führt, wird nicht eindeutig beantwortet.
So bleibt man nach der kurzweiligen Lektüre doch ein bisschen ratlos zurück – und was soll man da schon machen: darüber nachdenken, wie die Gesetze der eigenen Familie sind und sich zu überlegen, wann man alle mal wieder zusammentrommeln kann.

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