Almanach für Einzelgänger

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Der Einzelgänger: Man nennt ihn auch Traumtänzer und Eigenbrötler, Menschheitspionier und Selbsthelfer, Kapitän Nemo und Robinson. Hat er seinen Kopf für sich oder jagt er einer fixen Idee nach? Ist er weltfremd oder eher vernarrt ins ganz Besondere? Er mag Randgänger sein – Randfigur ist er nicht. Er ist einzeln, aber nicht einsam. Er bezaubert Zögernde und Verzagte. Wo er gängige Normen durchbricht und sich gegen das Geläufige wendet, da ist der Einzelgänger unentbehrlich für die Kräftigung der einzelnen. Karl Otten entwarf Anfang der 60er Jahre den Almanach als Übungsstücke für fremden Blick, der das Starren auf einen Punkt ablöst durch geschmeidiges Umkreisen und Wechsel der Perspektive. Es handelt sich um Texte von zwölf Autoren: Im Mittelpunkt stehen Karl Otten, Franz Jung, Otto Gross, Adrien Turel und Wilhelm Reich. Dazu gesellen sich Zeugnisse von sieben Autoren, die die Wege und Umwege der fünf als Betroffene verfolgen. Der Almanach war gedacht als Beitrag zu einer Rekonstruktion der Vorstellungswelten nach dem 2. Weltkrieg. Zum Jahr 2001 kann er endlich erscheinen. Ein Buch für wache Träumer, das den Blick schärft und den Geist geschmeidig hält.

Fritz Mierau, geb. 1934 in Breslau, Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Essyaist, lebt in Berlin. Übesetzung und Herausgabe russischer Literatur, u.a. Blok, Babel, Zwetajewa, Tretjakow, Puschkin, Mandelstam, Achmatowa, und geistesgeschichtlicher Werke wie Russen in Berlin und Die Erweckung des Wortes. Zusammen mit Sieglinde Mierau Mitherausgeber der Franz Jung Werkausgabe. Zuletzt erschien von ihm die Biographie Das Verschwinden von Franz Jung. Stationen einer Biographie (Nautilus 1998). Der Autor schreibt derzeit an dem autobiographischen Buch Mein russisches Jahrhundert.