Als die Menschen noch mit den Tieren und Bäumen sprachen

Das schamanisch-animistische Erbe in den Volksmärchen

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In unserer rational-wissenschaftlich geprägten Kultur haben viele aus den Augen verloren, dass die Natur etwas Lebendiges ist. Die Volksmärchen zeigen auf ihre Art, dass Seen und Berge, Wälder und Höhlen keineswegs seelen- und geistlos sind. Sie zehren dabei in vielen Elementen von den schamanisch-animistischen Erfahrungen der Menschheit. Aus den schamanischen Krafttieren wurden in den Volksmärchen die Helfertiere, aus der Geistreise die Reise ans Ende der Welt, aus der Anderswelt das Haus der Holle auf einer blühenden Wiese oder das Schloss des Seezaren auf dem Grund des Sees. Aus den Prüfungen und Initiationen der frühen Stammeskulturen wurden die Reisen der jungen Märchenhelden, die durch eigentlich unlösbare Aufgaben und Kämpfe hindurch zu Mann und zur Frau werden. Sie treffen auf Naturgeister, auf Ahnen, auf Pflanzen, Tiere und Steine, auf Sonne und Mond, sie kommunizieren mit ihnen ganz menschlich und bekommen Rat und Hilfe. Das mag auch in unserer Zeit eine Ermutigung sein, wieder Märchen zu erzählen und zu hören und den magischen Geist in uns wieder zu entdecken.