Andas Tempel

Für freie Denker

von

Mit 65 Jahren verkaufte Maurice Beck seine kleine Küchenmöbelfabrik, um einen Tempel zu bauen. Er fühlte, dass die Zeit der religiösen Synthese gekommen sei. Die Gespräche mit Kirchenvertretern scheiterten, denn sie folgten nicht seinem Streben, Distanz zu nehmen von allem, was Religionen entzweit. Der Wahrheit am nächsten, so glaubte er, komme der Mensch nicht durch die alten Bücher, sondern durch eine genaue Beobachtung und Analyse der natürlichen Phänomene. Die vordergründige Täuschung erkannte er als allumfassendes Prinzip der Schöpfung. Materie sei die Malfarbe der Götter für die Inszenierung des grossen Welttheaters, meinte er. Dann kam er zum Denkansatz, dass alles was ist, einen Sinn habe. Doch ihn zu entdecken ist nicht leicht. Er kommt zum Schluss, dass das Menschsein nicht auf unsern Körper beschränkt sei. Das All betrachtete er als unsern gemeinsamen Körper. Und wenn wir annehmen, das Universum bestehe ewig und es gebe ein kleinstes unteilbares Teilchen des Wirklichen, dann würden sich alle Möglichkeiten auch wiederholen. Damit wäre auch unsere ewige Wiederkehr ins Bewusstsein gegeben, doch nicht immer, als die, die wir heute sind, sondern möglicherweise alle Formen des Bewussten und des Unbewussten durchlaufend. In einem von Anda veranstalteten Seminar sagt die Biologin Mary Miller: „Da geschieht täglich milliardenfach die Auferstehung des Leibes. Da erwacht, was tot war, durch die Zauberschrift des genetischen Codes, zu neuem Leben. Und was da berufen wird, eine Platane zu werden, das wird es. Die andern in der Erde verborgenen Seelen müssen warten, bis die Reihe an sie kommt. Sie werden dann aber nicht eine Platane, sondern vielleicht ein Borkenkäfer, ein Schmetterling oder ein Mensch. Ganz egal wie ihr euch die Gottheit oder die Götter vorstellt oder nicht vorstellt – wo aus Molekülen lebendige Strukturen entstehen, da geschieht immer das Unfassbare, Unerklärliche, eben das WUNDER-bare. Jaroslaw Trachsel hat die Ausflüge in die Welt spekulativen Denkens eingebettet in die Geschichte des alten Mannes, der einen Tempel für uns alle baute. In diesem Tempel findet auch ein Schauspiel statt, in dem sich u.a. Johann Wolfgang Goethe, Albert Schweitzer und Blaise Pascal zweimal begegnen, zuerst in Andas Tempel und dann, nach 88 Milliarden Erdenjahren, in einem Schwarzen Loch.