Anna – nicht die, die ihr denkt

von

Bernard Noël erweckt in diesem fiktiven Monolog die Gedankenwelt der italienischen Schauspielerin Anna Magnani (1908-1973) zum Leben. Der Text von hoher poetischer Dichte und Intensität ist eine unablässige Selbstbefragung der Schauspielerin vor ihrem Tod.

Anna spricht. Ein letztes Mal. Sie träumt, erinnert sich. Läßt den Bilderreigen ihres Lebens vor dem inneren Auge vorüberziehen. Sie reißt sich die Masken vom Gesicht und vertreibt so all ihre Doppelgängerinnen, die sie auf der Bühne und vor der Kamera verkörpert hat. Was hat der Ruhm aus ihr gemacht? Eine Diva? Eine Hydra? Ein Tausendschön?

Noël entwirft kein biographisch-historisches Porträt der Schauspielerin, er streut nur vereinzelt Details über die Epoche des Neorealismus und ihre italienischen Regisseure in den Monolog ein. Es entsteht ein raffiniertes Geflecht aus Passagen zwischen Wirklichkeit und Fiktion, zwischen Erlebnis, Erinnerung und Phantasie, in dem sich das Konstrukt des menschlichen Ichs unendlich vervielfacht.