Annette und Adolfine und Carl

Annette von Droste-Hülshoff bei den Boeselagers auf Schloß Heessen

von

Die Dichterin Annette von Droste Hülshoff reiste dem Trend ihrer Zeit des beginnenden 19. Jahrhunderts folgend sehr viel im Münsterland, weitete ihre Reisen aus an den Bodensee, nach Meersburg, wo ihre Schwester verheiratet war. Sie besuchte oft ihre Großeltern Haxthausen in Bökendorf in Ostwestfalen. Auf ihren Reisen kehrte sie des öfteren bei den Boeselagers auf Schloß Heessen ein, man kannte sich gut, war entfernt verwandt, Annette und Adolfine von Boeselager waren Freundinnen. Worüber redet man, wenn man sich besucht, oft auf beschwerlichen Postkutschenrouten? Über die Reise spricht man, über die Familien, viel Klatsch war sicher dabei. Über Kulturelles spricht man, wenn man schon eine Dichterin im Haus hat, über Politisches der für Westfalen komplizierten Nachnapoleonzeit. – Und wenn man so intim befreundet ist wie Annette und Adolfine, spricht man über die Liebe. Für Annette waren die beiden bedeutenden Liebesepisoden ihres Lebens längst nicht verarbeitet, also spricht sie sich gegenüber Adolfine über ihre Liebe aus.
Natürlich sind in einer Erzählung Handlungsstränge und Dialoge fiktiv, aber sie haben Authentisches zum Hintergrund. Im Anhang klingen historische Details an.

„Der Zufall wollte es, daß Wolf und ich bei Tisch nebeneinander saßen. Und ich weiß nicht, was über mich gekommen ist, ich griff unterm Tisch seine Hand. Er zog sie nicht weg, wir schauten uns an, ich war so verwirrt, daß ich die Suppe verplemperte. Was ist das Adolfine, sind wir Frauen so willenlos, so leichtsinnig, daß uns ein schöner Mann in Sekundenschnelle zittern läßt?“