Ansichten /Views /Vues

Bilder aus einem Archiv

von ,

Flussläufe, Wellen, Meeresküsten – seit seinen Anfängen
ist das Wasser ein immer wiederkehrendes Motiv in
Elger Essers photographischen Landschaften und Veduten.
Für seine jüngste Serie hat der 1967 geborene
Becher-Schüler auf seine umfangreiche Sammlung alter
Postkarten aus der Zeit um 1900 zurückgegriffen: kolorierte
Ansichten von Stränden mit Badenden und Booten,
Felsen, Gischt und Schaumkronen. Digital bearbeitet
und um ein Vielfaches ihres Originalformats vergrößert,
entstanden faszinierende neue Bilder, grobkörnige
‚Seestücke‘ in matter, verfremdeter Farbigkeit, die
vergangene Zeiten und die ihnen eingeschriebenen
Erinnerungen an Ferien am Meer beschwören. Esser
evoziert hier eine fast altmeisterliche Ästhetik – Bilder
des französischen Impressionismus und Pointillismus
scheinen auf – mit den Mitteln hochmoderner
Technologie und erweist sich in dieser Zusammenführung
zweier Welten als romantischer Avantgardist unserer
Tage. Seine Hymnen an das Leben sind ein stiller Protest
gegen das allmähliche Verschwinden der Natur aus unserem
Denken und unserem Alltag.
Alexander Pühringer, Herausgeber des österreichischen
Kunstmagazins Frame, betrachtet Essers Tableaus in
seinem einführenden Essay unter dem Aspekt der klassischen
Entdeckungsreisen und der im 19. Jahrhundert
beliebten Grand Tour-Erlebnisse.