Aristophanes

Komödie als Distanz und Identifikation

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Die Aristophanes-Monographie sieht in dem antiken Komödiendichter einen Begründer der bis in die Moderne reichenden Tradition der tragik-komischen Realisten, wobei vor allem der Vergleich mit Beckett und Thomas Bernhard dem Aristophanesverständnis dienen kann, natürlich auch derjenige mit Brecht, bei dem es in den Schriften zum Theater heißt: „Im Allgemeinen gilt wohl der Satz, dass die Tragödie die Leiden der Menschen häufiger auf die leichte Achsel nimmt als die Komödie.“

Das Bild, das der interessierte Leser und Theaterbesucher von Aristophanes und seinem Werk im Kopf hat, sieht etwa folgendermaßen aus: Aristophanes schrieb in der Zeit des Peloponnesischen Kriegs, der kritischsten Phase der inneren griechischen Geschichte, einer Zeit des Niedergangs der athenischen Großmacht. Aus dieser historischen und politischen Situation ist die aristophanische Komödie entsprungen und aus ihr zu erklären: Sie entwirft Gegenbilder zur bestehenden Wirklichkeit, die als Unnatur, als das Unnatürliche beschrieben wird. Als Utopien sind die aristophanischen Komödien keine utopischen Ideale, sondern das vermisste Gute, das einmal bestand und Wirklichkeit war. In diesem Sinne will die aristophanische Komödie die Unnatur der Gegenwart zur Natur zurückbiegen, das mögliche Bessere als das Natürliche, die bestehende Wirklichkeit als das Unnatürliche erweisen und beweisen. Utopien, die die natürliche, unverletzte und unbeschädigte Realität übersteigen, sollten dann – so könnte man die Absicht der grotesken, märchenhaften poetischen Entwürfe des Aristophanes deuten – nicht mehr nötig sein, kein neugeschaffenes Vogelreich, keine neue Staatsform, kein Privatfrieden, keine Fahrt zum Olymp, um das Erhoffte Wirklichkeit werden zu lassen.