Arnhold & Kotyrba Architekturführer

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Adelssitze im Braunschweiger Land

Als „Braunschweiger Land“ bezeichnet man heute die unmittelbar um die Stadt Braunschweig gelegene Region. Dazu gehören die Landkreise Helmstedt und Wolfenbüttel, Teile der Landkreise Goslar und Peine sowie die Städte Wolfsburg und Salzgitter. Historisch handelt es sich um den Kernbereich des alten Herzogtums Braunschweig.

Das Herzogtum Braunschweig war aus dem mittelalterlichen Stammesherzogtum Sachsen hervorgegangen. Dieses umfasste weite Gebiete der heutigen Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt sowie den Westteil Mecklenburgs. Der Ursprung des Braunschweiger Herzogtums geht auf das Jahr 1235 zurück. Damals erhielt ein Enkel Heinrichs des Löwen, Otto das Kind, von Kaiser Friedrich II. das Reichslehen über das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg. Diesem Ereignis voraus gingen die Auseinandersetzungen Heinrichs des Löwen mit Kaiser Friedrich I. (Barbarossa). Heinrich unterlag, daher wurden ihm während des Reichstags zu Gelnhausen 1180 sämtliche Lehen entzogen. Dazu gehörte auch das Herzogtum Sachsen. Nach dem Sturz verblieb Heinrich lediglich Braunschweig samt seiner direkten Umgebung. Das 1235 geschaffene Herzogtum erstreckte sich im Großen und Ganzen von Lüneburg bis an den Harz und von der Weser bis an die Ostgrenze des heutigen Niedersachsen.

Seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts kam es zu mehrfachen Landesteilungen. Aus den Lüneburger Territorien ging schließlich das Kurfürstentum bzw. Königreich Hannover hervor. Aus den um die Stadt Braunschweig und im nordwestlichen Harzvorland gelegenen Gebieten entstand das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts hatten die Braunschweiger Herzöge ihren Herrschersitz in die Burg Wolfenbüttel verlegt. Das welfische Teilfürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel (Karte S. 7) wurde, nach der Besetzung durch Napoleon (1806) und dem Wiener Kongress, 1815 als Herzogtum Braunschweig wiederbegründet. Es existierte in dieser Form, als Teilstaat im Deutschen Bund und im 1871 gegründeten Deutschen Reich, noch bis 1918.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde in Deutschland nicht nur die Monarchie abgeschafft, sondern auch das seit Jahrhunderten bestehende Vorrecht des Adels aufgelöst. Ein mit Machtbefugnissen ausgestatteter Adel bestand, vor dem Durchbruch demokratischer Gedanken und Staatsverfassungen, in fast allen Gesellschaften auch außerhalb Europas. Seine Geschichte geht auf die frühesten Bildungen menschlicher Gemeinschaften zurück. In Deutschland wurzelt der Begriff Adel in den althochdeutschen Worten adal oder edil, sie bedeuten „edles Geschlecht“. Aus diesen edlen Geschlechtern rekrutierten sich schon in altsächsischer Zeit Herrscher und wichtige Funktionsträger. Im Hochmittelalter erreichte die Adelskultur mit dem Rittertum einen Höhepunkt. In dieser Zeit entstanden die auch baugeschichtlich bedeutendsten Burgen. Adlige und Ritter verwalteten und verteidigten den Besitz und die Territorien von Grafen und Fürsten, andererseits gingen aus dem Adelsstand auch die führenden Geistlichen ihrer Zeit hervor. Als Fürstbischöfe und Äbte vermögender Klöster verfügten auch Geistliche über weltliche Macht.
Die Adelsfamilien lebten auf dem Land und betrieben hier, neben den genannten Tätigkeiten, Landwirtschaft.

Burgen, Schlösser und Herrenhäuser

Eine Burg ist ein befestigter und verteidigungsfähiger Wohnsitz eines Adligen und seines Gefolges. Die große Zeit des Burgenbaus waren das 12. bis 14. Jahrhundert. Burgen konnten genauso Sitz eines Königs oder Fürsten wie von Ministerialen (adligen Funk-tionsträgern der Landesherrschaft) oder des niederen Landadels sein. Weiterhin kennen wir Ordens- und Kirchenburgen. Man unterscheidet Burgen nach ihrer topographischen Lage als Niederungs- oder Höhenburgen. Wichtigster Aspekt der Platzierung einer Burg in der Landschaft war stets die optimale Verteidigungsmöglichkeit. Niederungsburgen liegen in der Regel an Gewässern oder sind mit künstlich geschaffenen Wassergräben geschützt. Mit Beginn der Frühneuzeit, in der Epoche der Renaissance, vollzogen sich auf vielen Gebieten umfassende Wandlungen. Die Erfindung und der Einsatz von Feuerwaffen machte Burgen bereits seit dem 14. Jahrhundert immer verwundbarer. Somit erlahmte der Neubau von Burgen, während vorhandene Anlagen nach wie vor aus- und umgebaut wurden. Hier verschob sich der Schwerpunkt immer mehr auf Wohnlichkeit und Repräsentation. Neubauten adliger Bauherren wurden nun nicht mehr in schwer zugänglichen und gut zu verteidigenden Lagen, sondern nach den Anforderungen von Bequemlichkeit sowie zur Demonstration von Macht und Reichtum errichtet. Damit war der Gebäudetyp Schloss entstanden. Der Landadel orientierte sich an den Schlossbauten der Landesherren. Die Bandbreite reichte von eher bescheidenen Herrenhäusern aus Fachwerk bis zu Schlossanlagen mit aufwändig gestalteten Gärten. Zu einem Adelssitz gehörte immer auch ein landwirtschaftliches Gut.