Arthur Conan Doyle: Ausgewählte Werke

Tatsachen und Fantasien aus dem Leben eines Mediziners. Erzählungen.

von

„Mediziner sind im allgemeinen viel zu beschäftigt, um von einzelnen Vorfällen oder dramatischen Ereignissen Notiz zu nehmen. Daher handelt es sich bei dem besten Chronisten ihrer Erlebnisse, den unsere Literatur kennt, auch um einen Anwalt. Das Leben an den Betten von Sterbenden – oder Gebärenden, was wesentlich anstrengender ist – zu verbringen, trübt das Augenmaß, so wie andauernder Alkoholkonsum die Geschmacksnerven abstumpfen läßt. Überreizte Nerven reagieren irgendwann nicht mehr. Fragt man einen Chirurgen nach seinen eindrucksvollsten Erfahrungen, antwortete er wahrscheinlich, daß es nur wenig Bemerkenswertes gab – oder er verliert sich in technischen Details. Aber überraschen Sie ihn mal eines Nachts, wenn das Feuer im Kamin flackert, seine Pfeife qualmt und er in Gesellschaft einiger Kollegen ist, mit einer geschickten Frage oder Andeutung – dann taut er auf. Dann erntet man ein paar ganz frische Früchte vom Baum des Lebens.“
„Sie werden feststellen, daß soviel Tragik im Leben eines Arztes steckt, mein Junge, daß er es nicht ertragen könnte ohne die komische Seite, die er manchmal zu sehen bekommt und die ein Lichtblick für ihn ist. Und ein Arzt hat auch allen Grund, dankbar zu sein. Vergessen Sie das nie. Es ist so eine Freude, ein bißchen Gutes zu tun, daß ein Mann für dieses Privileg bezahlen sollte, statt bezahlt zu werden. Natürlich muß er Frau und Kinder ernähren und ihnen ein Dach über dem Kopf geben. Aber seine Patienten sind seine Freunde – oder sollten es sein. Er geht von Haus zu Haus und wird überall herzlich empfangen. Was kann man noch wollen? Und außerdem muß er ein guter Mensch sein – er kann gar nicht anders. Wie kann jemand sein ganzes Leben lang mitansehen, wie tapfer die Leute ihr Leid tragen, und dabei hartherzig oder bösartig bleiben? Es ist ein edler, großzügiger und gütiger Beruf, und Ihr jungen Leute müßt dafür sorgen, daß es so bleibt.“
Arthur Conan Doyle