ausgeübt.

Eine Kurskorrektur

von

„ich, weiblich, 43, habe niemand getötet“, notiert sich die Erzählerin zu Beginn auf einem ihrer Blätter. Zu Anschlägen jedoch ist es gekommen, erst zu verbalen Attacken, dann aber auch mit Waffen. Was uns vorliegt, ist ihr Versuch, sich selbst Rechenschaft über das Vorgefallene zu geben.
Sichtbar wird eine Figur mit einem empathischen Bezug zur Welt, die gut sieht, gut hört, sich vieles merkt und die bereit ist zu agieren – aber erst, als es für sie keine andere Möglichkeit mehr gibt. Denn in einer Umwelt, deren Handlungsweisen radikalisiert eindimensional erscheinen, lassen sich ihre Wahrnehmungs-, Empfindungsfähigkeit und, vielleicht, naive Offenheit nicht entfalten, sondern münden ebenfalls in eine einzige Gegenbewegung, die Bewegungsfolge ihrer Anschläge.
Durch ihre Texte bricht die Erzählerin diese isolierende Fokussierung nun allerdings auf. Erinnerungen und Beobachtungen, Gedichte und Randglossen (Einsprüche, Kommentare
und Wegweisungen) treten verstreut über die Blätter zueinander in Beziehung und laden zum öffnenden Gespräch.
Die erste Prosa der Lyrikerin Anja Utler entwirft Blätter, unter denen man sich verbergen, an die man sich halten kann, die Verwundbarkeit bloßlegen.