Bauern und Zinsnehmer

Politik, Recht und Wirtschaft im frühhellenistischen Ephesos

von

Am Ende eines mehrjährigen Krieges steckte die kleinasiatische Polis Ephesos zu Beginn des 3. Jh. v. Chr. in einer schweren Kreditkrise: Die verschuldeten Bauern waren nicht in der Lage, vor und während des Krieges aufgenommene Hypothekendarlehen an ihre Gläubiger zurückzuzahlen. Ihnen drohte deshalb der Verlust ihres Grundbesitzes, den sie als Sicherheit eingesetzt hatten, an die Kreditgeber. Um dies zu verhindern und die Verschuldungskrise zu lösen, ordnete die Polis in einem eigens dafür geschaffenen Gesetz ein kompliziertes Tilgungsverfahren an, das den widerstreitenden Interessen von Bauern und „Zinsnehmern“ Rechnung zu tragen suchte.
Dieses als Inschrift überlieferte Gesetz steht im Zentrum der vorliegenden Untersuchung. Es zeigt exemplarisch, auf welche Weise eine Polis in einer turbulenten Phase der Stadtgeschichte ihre soziale Stabilität auf friedliche Weise zu bewahren versuchte. Darüber hinaus eröffnet das Gesetz detailgenaue Einblicke in die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Strukturen eines bedeutenden kleinasiatischen Stadtstaates, die unser Bild von der griechischen Polis im Hellenismus insgesamt bereichern.