Belphegor oder Die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne

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In seinem Essay „Belphegor oder wie ich euch hasse“ pries Arno Schmidt das „pan-diabolische“ Wezel-Werk als eines der drei Bücher „ehrwürdigsten Gott-, Welt- und Menschenhasses“, die das 18. Jahrhundert hervorbrachte. Die beiden anderen: Jonathan Swifts „Gulliver“ (1726) und Voltaires „Candide“ (1759). Mit dem sarkastischen Roman Voltaires hat der „Belphegor“ in der Tat recht viel gemeinsam: Wezel verfaßte ihn nach „Candide“-Muster, um auch seinerseits zu beweisen, daß die Welt wirklich nicht die beste der möglichen ist, wie der optimistische Philosoph Leibniz behauptet hatte. Selbst der Start beider Helden zum Leidensweg hat Gemeinsamkeiten. Voltaires treuherziger Candide, auf einem Schloß in der „schmutzigen Provinz Westfalen“ aufgewachsen, nestelt zu eifrig an der dicken Baronesse Kundigunde und wird vom Baron Thundertentronckh mit „gewaltigen Fußtritten in den Hintern“ außer Haus befördert.
Bei Wezels empfindsamem Belphegor tritt das Schicksal ähnlich zu: „Geh zum Fegefeuer mit deinen Predigten; Wahnwitziger!‘ rief die schöne Akante mit dem jachzornigsten Tone und warf den erstaunten; halb sinnlosen Belphegor nach zween wohlabgezielten Stößen mit dem rechten Fuße zur Thüre hinaus.“
So folgt denn Belphegor seinem berühmten Vorläufer in die Welt, „dies barbarische Schlachthaus“, um verdroschen, verraten und verkauft zu werden. Er gerät in einen kriegführenden Bauernhaufen und wird an einem morschen Strick aufgehängt, er wird ausgeplündert, bekommt Zähne ausgeschlagen und verliert unter anderem ein Auge und einen Finger. Eine Wasserhose trägt den Unglücklichen in die Walachey zu den Türken, er wird von Seeräubern gekapert und als Sklave verkauft. Er erlebt alle nur möglichen Naturkatastrophen, vor allem aber ein vollkommenes Register menschlicher Infamie. Belphegor: „Der Mensch – ist das ärgste Ungeheuer der Hölle. Ich bin mir selbst gram, ein Mensch zu seyn.“