Betrachtung

von

Staunen, Irritation, Bewunderung – dies waren die Reaktionen auf Franz Kafkas erstes Buch „Betrachtung“, das im Dezember 1912 im Ernst Rowohlt Verlag in Leipzig erschien. Die eigentümliche Komposition dieser poetischen Miniaturen war in der damaligen Literatur etwas Neuartiges, Einmaliges. Das Buch atmet die Atmosphäre einer experimentellen Freiheit, in der Kafka mit Sujets, Stilmitteln und Strukturen spielt, die bereits auf das spätere Werk vorausweisen: der Frage nach der Identität, der Bedeutung von Mimik und Gestik und der Selbstreflexivität der Sprache. Dabei bewegen sich die Prosatexte des Sammelbandes in einem Spannungsfeld, das schon im Titel evoziert wird: Beobachtung und Reflexion – die beiden Bedeutungen des Wortes „Betrachtung“ – bedingen einander gegenseitig und verschmelzen, wie in einem Kaleidoskop, zu immer neuen Konstellationen.