Bloch-Jahrbuch 2005

Ein Leben in aufrechter Haltung - Zum 100. Geburtstag von Karola Bloch

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Am 22. Januar 2005 jährte sich zum einhundertsten Mal der Geburtstag von Karola Bloch, der Polin, Jüdin, Widerstandskämpferin und Anhängerin eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“. Karola Bloch wurde als Tochter des jüdischen Ehepaares Maurycy und Helena Piotrkowski in Lodz (Polen) geboren. Schon früh registrierte sie die erheblichen sozialen und materiellen Unterschiede zwischen ihrer gutbürgerlichen Familie und den in Armut lebenden Arbeitern in der Textilfabrik ihres Vaters. Sie lebte zeitweise in Moskau und im Berlin der 20er Jahre. Sie entschied sich für den Beruf einer Architektin. Als zwölfjährige erlebte sie die Russische Revolution in Moskau. Sie studierte in Berlin und Zürich. Kennengelernt haben sich Ernst und Karola Bloch in Heidelberg. Stationen ihrer gemeinsamen Flucht waren Zürich (1933), Wien, wo sie 1934 heirateten, Paris, Prag, New York (ab 1938) und Cambridge (Massachusetts). Während der Nazi-Zeit fuhr sie unter einem Tarnnamen durch das „Reich“, um Widerstandskämpfer mit Informationen zu versorgen. In Treblinka wurden ihre Eltern und ein großer Teil ihrer Familie ermordet. 1949 gingen sie nach Leipzig. Ende der zwanziger Jahre hatte sie sich der KPD angeschlossen, um gegen Hitler vorzugehen. Im Januar 1957 wurde sie wegen ihrer offenen Sympathie mit der Rebellion in Polen und dem Aufstand in Ungarn aus der SED ausgeschlossen. Ernst und Karola Bloch hatten von nun an Publikationsverbot in der DDR. 1961 verließen beide die DDR und wohnten bis zu ihrem Tod in Tübingen. In Tübingen war Karola Bloch auch nach dem Tod ihres Mannes (am 4. August 1977) politisch aktiv und setzte sich für die Rechte benachteiligter Menschen und Gruppen ein. Karola Bloch schloss sich der Studentenbewegung an, wandte sich gegen den Vietnamkrieg und nahm Kontakt zu Rudi Dutschke auf. Sie unterstützte die Charta 77 und den Aufstand in Nicaragua gegen die dortige Diktatur. 1981 protestierte sie gegen die Ausrufung des Kriegrechtes in Polen. Ihr Herz schlug für Solidarnosc und später für die „Montagsdemonstrationen“ in Leipzig. Karola Bloch arbeitete in der Friedensbewegung und half „Frauen gegen Männergewalt“. Bis zu ihrem Tod am 31. Juli 1994 galt ihre Energie dem Widerspruch gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Neonazismus.