Bomb Song

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Kommen Sie zu sich! Kommen Sie zu uns! Kommen Sie nach oben! Die Titanenbabies laden Sie ein. Lehnen Sie sich zurück, schließen Sie
die Augen und entspannen Sie bei Musik und freundlichen Texten über den Weltuntergang.
Bombsong is a popular piece.
Popular because we are all concerned.
A popular text goes with popular music.
Bombsong is for us to stay awake.
Die Bühne: wie vor einem Kammerkonzert. Ein Flügel, ein Cello und ein Seziertisch für elektronische Instrumente. Es wird kein Theater gemacht.

Als sie fünf war, wollte sie werden wie die Heilige Jungfrau von Orléans. Sie sagte: Papa, kaufst du mir eine Rüstung? Und Papa kaufte ihr eine
Rüstung. Die Heilige Johanna der Shoppingmalls wollte kämpfen, kämpfen, kämpfen. Aber wofür? In dem Land, in dem sie aufwuchs, fand sie keine Mauern mehr zum Dagegenrennen, keine Türen zum Eintreten. Wacker ergriff sie jedes Engagementangebot, das ihr die postpolitische Welt hinhielt, zog los gegen Regenwaldsterben, Ozonloch, Globalisierung. Bis ihr der aktivistische Wanderzirkus ebenso lächerlich erschien wie das satt gestellte Leben in den kapitalistischen Hüpfburgen.
Nach Jahren zwischen Laufband, Wellnesswasser und Gucci sitzt sie jetzt da, studiert die Fahrpläne, die sie ins Herz einer westlichen Metropole bringen werden und packt den kleinen roten Koffer, in dem sie als Kind Schlafanzug, Zahnbürste und Kekse verwahrt hatte, neu. Das Gepäck der Stunde heißt: Brandbeschleuniger.
Obwohl im Sommer 2001 geschrieben und komponiert beschreibt BOMBSONG in Zeiten nach Erfurt und dem 11. September die Melancholie, den Hass, den Selbstekel, der in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft ebenso saturierten wie vereinsamten Wohlstandsbabies. Aus der Sehnsucht nach dem großen Ziel, das den Einzelnen von Stefan Raab, Generation Fanta und sich selbst erlöst und einem sinnentleerten Leben wieder Sinn gibt, wird die Sehnsucht nach der Katastrophe.