Bosch oder Der Einzige und seine Einzelzelle

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Übersättigt von der Routine der Hohen Küche, empfindet der Gastrokritiker Bosch Genuss einzig noch in der Praxis feuilletonistischer Restaurantvernichtung. Überraschenden Gaumenkitzel verheißt ihm eine aus dem Orient stammende Naturbegabung. Die eben aus den Pranken ihres Ehemanns geflohene Wunderköchin wird zum Ziel einer Schnitzeljagd, die quer durch ausgesuchteste Gerichte (Hummus mit Verhackert oder aus lebenden Affen gelöffeltes Hirn) und comicartig überzeichnete sexuelle Fetische bis ins heutige Istanbul mit seinen Folterkammern führt. Im Unerreichbaren spiegelt sich die Unzulänglichkeit einer noch so bildreichen Beschreibung, die dem sinnlichen Genuss stets hinterherhinkt. Günter Eichbergers Formulierkunst rupft dem geflügelten Wort die Federn und haut hochfliegende Metaphern in die Pfanne. Der Erzähler macht keinen Hehl daraus, dass seine Geschöpfe reine Sprachgeburten sind. Um konstruktivistische Vorstellungen kreisen nun auch die mit saftigen Zitaten garnierten Überlegungen zu Sein und Wirklichkeit eines sich als Max Stirner ausgebenden Bewusstseins, das als Phantom Besitz von Bosch ergreift und diesen schließlich zwischen Allmachtsphantasien und solipsistischer Selbstauflösung implodieren lässt. Eine bittere Satire auf jedwede Form kulinarischen Fabulierens und die Allüren einer zwangsoriginellen Küche mitsamt deren Kritik.