Brand Wand

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Die aufragenden, auf den ersten Blick leblosen Mauern aufgeschnittener
Mietshäuser dominierten nach den Bombardierungen
im Zweiten Weltkrieg das Bild deutscher Städte. Brandwände,
ursprünglich in die Konstruktion des Hauses integriert
und von der Straße aus nicht sichtbar, traten nun schroff hervor.
Seither hat der Begriff eine Bedeutung hinzugewonnen: Er
bezeichnet auch eine Wand, die der Brand einst verschonte.
Zumeist grenzen Brandwände an weitläufige Brachen. Die
‚wild‘ gebrochenen Fensteröffnungen in zufälliger Anordnung
sind manchmal auch schon wieder zugemauert. Als Symbole
des Zusammenbruchs, des Neubeginns wie des Scheiterns tragen
die Mauern die Spuren deutschen Schicksals: Einschusslöcher,
Bombensplitter, Ruß, Umrisse vergangener Gebäude,
Notreparaturen. Sie sind dicht bewachsen, kahl oder verputzt
und mitunter von Graffiti und Werbung überzogen. Nach dem
Ende der DDR und im Zuge des seitdem anhaltenden Immobilienbooms
wurden viele Altbauten saniert, ihre Brandwände
meist übertüncht. Schaut man aber hinter diese Mauern, findet
man auf den Innenseiten oft Abdrücke derselben Geschichte,
wie die Negativform desselben Gusses.
Harf Zimmermann hat über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg
gezielt nach solchen Mauern gesucht. Dieses Buch versammelt
Beispiele aus dem Osten Deutschlands.