Bschoad-Bücherei

von

„Aufgewachsen ist er in irgend so einem finsteren Nest“, der Knecht Dismas, dieser wirklich mindere Mensch, der minderste, der keine Mutter hat, keinen Vater kennt, verkrüppelt zum Erbarmen, zum Beneiden aber geistig wach, geschickt und ein Charakter. Das ist der große Wurf, diese Spannung zwischen äußerem Schicksal und innerem Können und Wollen. Der Namenlose wird für die Sünde seiner Mutter als „Disams, der Linksgehängte“ gebrandmarkt. Diese menschlich tragische Figur, im Waisenhaus zum Kuschen erzogen, wird „bauerndienen seiner Ledda“ (Lebtag). Übrigens lebt er noch, der im Geburtsjahr Hitlers geborene Knecht. Auf dem Hintergrund der sich wandelnden Zeiten, vor allem des sich wandelnden Bauernlebens, überwindet Dismas sein Schächerleben. Die Arbeit zieht in groß und macht ihn groß, beliebt und bedeutend für alle Menschen, die mit ihm zu tun haben. Er verwandelt sich von der häßlichen Raupe zum farbigen Schmetterling. Er meistert die Waisenhausjahre, die ihm angelastete Unkeuschheit, Kriegszeiten und Inflation, die Liebe zur „Fräun Lehrerin“, die Nazi, meistert Arbeit und Höfe – hat´s Christkindl ah gfrorn“, erlebt die Umstellung auf Viehwirtschaft, auf viehlosen Ackerbau, die totale Technisierung als ein Mensch, der immer mitwächst und doch er selbst bleibt. Hanns Haller, geboren am 24. Juni 1902 in dem schönen „Tüpferldorf“ Schwimmbach, aus der Lehrerdynastie der Haller, legt uns mit dem „Knecht Dismas“ den ersten großen Mundartroman Niederbayerns vor. Er hat als Lehrer die bairische Mentalität kennengelernt, den Menschen hinter die Fassade geschaut, gesehen, was sie denken, was sie fühlen und verschweigen. Und er ist obendrein ein Erzähler von hohen Gnaden und Graden wie Wilhelm Dieß.