Cyprian Norwid

Poesiealbum 305

von ,

Norwid – Dostojewskis und Baudelaires Jahrgang – war Künstler des Exils und wurde postum als Jahrhundertdichter und Bahnbrecher der polnischen Moderne erkannt. Trotz einer kränklichen Konstitution, seiner Affinität zum Scheitern und ständiger materieller Misere trotzt er ein herausragendes literarisches und essayistisch-philosophisches Oeuvre ab. Seine eigenwillige Poesie mit ihren aggressiven Archaismen, kühnen Innovationen und weiten kulturhistorischen, philosophischen und religiösen Horizonten erschließt sich nicht immer unmittelbar. Sie wahrt Distanz zu Romantik, Realismus und l’art pour l’art und bezeugt bei ausgeprägt ironischer, perspektivisch gebrochener Grundeinstellung ein großes moralisches und gesellschaftskritisches Verantwortungsgefühl. Norwids Gedichte sind mit ihren Sperrungen zugleich typographische Architektur, führen mit Neologismen sowie ›unpassenden‹ Grund- und Nebenbedeutungen zur Wortarbeit und sind durch die markante Interpunktion auch Partitur für die Rezitation.