Das Dorf hinterm Dampfschiff

Eine Kindheit am Seerhein

von

Eine Kindheit (ca. 1930 bis 50) am Bodensee. Und doch am Flussufer, dort wo der Rhein von Konstanz her strömt und sich nach Westen hin zum Untersee weitet. Wasser, das sich am gegenüberliegenden Ufer im Ried verliert, mit Bootswegen ins Ungesehene, für Verliebte und Jäger. Die Flussmitte wird zur Kriegsgrenze, als vom deutschen Ufer her die Bedrohung wächst und Flüchtlinge das Schweizer Ufer zu erreichen suchen. Da der Vater als Grenzwächter in das Dorf Gottlieben am Seerhein gekommen ist, entwickelt das Kind früh einen wachen Blick für Bedrohung und Idylle, für Bodenständiges und die Verlockungen des Neuen.
Ein wunderliches Leben im Kleinen, wo schon das Gastspiel einer Blaskapelle zum Ereignis wird und wo der Alltag der Fischer in die Geselligkeit der Beizen führt. Mit Sonderlingen wie dem Baron von Bodman, der als Dichter gilt, oder dem Emigranten Muehlon im alten Schloss, dessen Turm noch Erinnerungen an die Gefangenschaft des Reformators Jan Hus bewahrt.
Walter Vollenweider lässt zur Sprache kommen, was ihm nach Jahrzehnten eines Lebens fern dieser Jugend am Bodensee blieb: Das Unbegriffene, Fremde, in Szenen kindlichen Erlebens, die Geheimnisse der Erwachsenen, und die jahreszeitlich genossenen Riten der Heimat vom Maikäfer-Sammeln bis zum Entzünden der Weihnachtskerzen. Eine friedvolle Jugend mitten im Krieg, im Vorschein einer Selbstbefreiung, die sich sportlich erprobt und in erotischen Näherungen versucht.

Ein „Amarcord“ vom Bodensee oder auch in jener Tradition nachdenklich erzählender Kindheitsbilder, die seit Walter Benjamins „Berliner Kindheit um 1900“ immer wieder zu schönen Büchern führt