Das Leben des Horace A. W. Tabor

Ein Stück aus den Tagen der letzten Könige

von

›Das Leben des Horace A.W. Tabor‹ ist ein Stück aus der ‚Neuen Welt‘. Das Stück spielt in der Zeit der großen Improvisationen, in einer Welt der enormen Glücksfälle und der ungeheuren Verluste. Es ist die Zeit zwischen 1880 und dem Ende des 19. Jahrhunderts, als in Colorado die großen Silberfunde gemacht wurden, deren Entdecker Millionäre wurden und ebenso rasch wieder verarmten. Horace Austin Warner Tabor ist eine der großartigen Erscheinungen dieser Jahre; ein einfacher Posthalter, der über Nacht Bonanzakönig wird, den Reichtum und Erfolg zum Städtebauer, Gouverneur und Senator machen und der zuletzt mit leeren Händen an den Ort zurückkehrt, von dem aus er zwanzig Jahre zuvor aufstieg. Geheimer Bezugspunkt und Grundthema dieser Geschichte ist Tabors Glück – Glück als äußerlicher Erfolg und Glück als innere Harmonie. Es klingt an in den Strophen eines übermütigen Gassenhauers: ‚Silber-Dollar-Tabor! / Das Glück ist deine Braut‘; es findet eine dunklere Gegenstrophe in den wiederkehrenden Sätzen Augustas, Tabors erster Frau: ‚Ich habe immer gesagt: Tabor, du hast kein Glück‘; es ist noch in der fast demütigen Frage enthalten, die Tabor am Ende seines Lebens stellt: ‚Glaubst du nicht, daß einem das Glück treu ist, wenn man wieder dort aufhört wo man angefangen hat?‘ Diese Fabel vom Aufstieg und Fall eines großen Mannes, von seiner Blindheit, aber auch seiner Einsicht, läßt in de realistischen Szene umrißhaft das Modell des barocken Welttheaters erkennen.

Der hier vorgelegte Text, für den Leser bestimmt, bewahrt das ursprüngliche Konzept in seinem ganzen szenischen Reichtum. Für den Bühnengebrauch wurde zusammen mit Werner Düggelin, dem Regisseur der im November 1964 am Schauspielhaus Zürich stattfindenden Uraufführung, eine kürzere Fassung erarbeitet.