Das Unbehagen der Sora Elsa

Erzählungen

von

Eine freundschaftliche Begegnung der Autorin mit Franz Müller, dem letzten Überlebenden der studentischen Widerstandsgruppe Die weiße Rose, eröffnet den Reigen der Erzählungen: ein Gespräch entwickelt sich vor dem friedlichen Hintergrund eines Spätsommertages im Englischen Garten und sein Bericht wirkt unglaubhaft und wie aus einer anderen Welt.
Damit ist der rote Faden, der sich durch alle Erzählungen zieht, vorgegeben: jeder der diese Zeit erlebt hat, versucht auf seine Weise damit fertig zu werden. Da ist die junge Frau, die als kleines Mädchen als Einzige ein Massaker in einem italienischen Dorf überlebt hat, und auch ihr Psychotherapeut vermag nicht, den Schutzschild zu durchbrechen der den wahren und offenbar unerträglichen Ablauf der Begebenheit, vor Ihrem Bewusstsein fernhält. Da ist der Bericht einer Österreicherin, die ihren einsamen Lebensabend in Spanien verbringt und nicht davon loskommt, wie sie mit ihrer jüdischen Mutter vom arischen Vater im Stich gelassen wurde und nur knapp überlebte. Aber auch die Täter kommen zu Wort, ein ehemaliger SS-Offizier, an Parkinson leidend und in einem Altersheim dahin vegetierend, versucht ein letztes mal seiner ihm unbekannt gebliebenen Tochter zu erklären, was nicht zu erklären ist.
Und dann ist da als versöhnlicher Abschluss die Sora Elsa, eine römische Hausmeisterin, die die Ereignisse mit gesundem Menschenverstand kommentiert und ohne viel Gerede eine jüdische Mieterin vor der Gestapo versteckt. Eine Erzählung, die am Ende in die reale Vergeltungsmaßnahme der SS in den Ardeatinischen Höhlen mündet.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse, sind die Erzählungen höchst brisant, „Blindgänger und Zeitzünder der Geschichte”, nannte sie ein Rezensent, aber fügt auch tröstlich hinzu, dass sie mit Geduld und Vorsicht wohl zu entschärfen wären. Hoffentlich hat er recht…