Das Verschwinden im Bild

von

Schon in seinen frühen essays hat dieter Wellershoff Literatur als ein Medium menschlicher Selbsterfahrung dargestellt, in dem wir uns unser gelebtes und ungelebtes Leben in all seinen Möglichkeiten vor Augen führen. Diese Linie hat er in seinen neuen essayistischen Arbeiten aus den Jahren 1974-1980, die dieser Band in einer Auswahl vorstellt, noch entschiedener weiterverfolgt. Die einzelnen Aufsätze sind Stationen einer fortschreitenden Gedankenganges, der an wechselnden Gegenständen von der Arbeit der Phantasie handelt, mit der, wie Wellershoff in seiner Vorbemerkung sagt, »wir unser Leben erfinden«. Vielfältige Einsichten ergeben sich aus diesem Blick. Ob der Autor die Entstehung eines Gedichtes aus vorbewußten Impulsen beschreibt oder das Blödeln und die Nonsensdichtung als infantilistische Revolte analysiert oder ob er anhand einer Shakespeare-Aufführung die Komödie als gespielte Versöhnung in einer unversöhnten Welt verständlich macht, immer blicken wir durch die Fiktion auf elementare Erfahrungen durch, die in ihr gespiegelt, durchgearbeitet und überboten werden.