Den Kern schluckt man nicht

von

„M ging voran. Die Eltern folgten ihm, barfuß. Immer wieder blieb er stehen und schaute nach, ob sie noch da waren.“

DEN KERN SCHLUCKT MAN NICHT ist ein Roman des Moments, des Augenblicks, eine Miniaturensammlung, die in präzisen Beobachtungen von einer defekten Familie erzählt. In einer Sprache, die Tezkan bis auf ihren Grundwortschatz destilliert, formen sich auch die Figuren zu einer Essenz, zur Idee einer Familie: ein sterbender Großvater, Vater, Mutter, Sohn. Ihm folgen wir in klaustrophobische Räume, Kabinen, Badezimmer, Treppenhäuser, und auch, wenn er sich davon schleicht, nachts, während nebenan Stimmen zu hören sind, in den Wald, die Hütte, zu Wolf. Durch all diese Szenen kriecht etwas Unheimliches, das sich nie ganz fassen lässt. Aber in den Sätzen liegen Messer, jederzeit bereit zuzustechen.

Getrieben von der Oberflächenspannung des Textes möchte man die Worte wieder und wieder wenden – um sich der Bedrohung und damit der Familie zu nähern, deren Nähte jeden Augenblick hörbar zu reißen drohen.