Den Kopf hinhalten

Roman

von

Was veranlasst einen unbescholtenen jungen Mann dazu, im Auftrag einer übergeordneten Instanz ein Vierteljahrhundert lang Hunderte von Menschen zu töten?
Rupert Beaufort ist kein Serienmörder, der zwanghaft handelt, kein kaltblütiger Killer oder Racheengel, sondern er befördert, als bevorzugter Henker der britischen Justiz, Kriminelle wie unschuldig Verurteilte methodisch, distanziert und mit Gelassenheit in den Tod – den Tod durch den Strang.
Der unscheinbare Kneipenwirt Beaufort, als jüngster Spross einer Henker-Dynastie von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt und von Stolz auf eine erfolgreiche Familientradition erfüllt, übt sein makabres Metier nebenbei aus und wird wegen seiner Präzision, Schnelligkeit und „Humanität“ geschätzt. Und auch verehrt: Im Milieu der Galgenmänner gilt er, der seine Berufung zum Vollstrecker früh gespürt hat, als großes Vorbild.
Im England der Dreißiger- bis Fünfzigerjahre hat Beaufort sein Gewissen unter Kontrolle, seine Emotionen im Griff und die öffentliche Meinung auf seiner Seite. Erst allmählich kommen dem Eifrigen begründete Zweifel an seinem Handeln, gerät sein Selbstverständnis ins Wanken: als er nach 1945 im britisch besetzten Hameln etliche Kriegsverbrecher wie am Fließband hinrichten muss. Als er es mit einem befreundeten Sangesbruder und mit einer selbstbewussten Mörderin zu tun bekommt. Als das Medieninteresse an seiner Person zu groß und er selbst zum Star und Sündenbock wird. Und als Rupert, gegen Ende seiner Laufbahn, dem Pianisten Sandro Magazzano in dessen Todeszelle gegenübertritt – einem einstigen Wunderkind und unglücklich Verliebten, der in Paris seine Leidenschaft entdeckt hat.
Jens Rosteck erzählt in seinem packenden Roman die Lebensgeschichte zweier Männer, die ungleicher nicht sein könnten, und porträtiert auch ihre Frauen. Und er problematisiert zugleich die moralischen Grundlagen einer Gesellschaft, die sich mit der Anordnung der Todesstrafe zum Richter über Wert und Unwert menschlichen Lebens aufschwingt. Indem der Staat die Verantwortung für den schockierenden Tötungsakt einem Einzelnen aufbürdet: dem „chief executioner“. Freiwillig wird er zum zuverlässigen Vertreter eines Landes, wo man das schmutzige Geschäft des Hängens einem Saubermann überlässt.