Der Bildungstrieb der Stoffe

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Schwebende, organische Farbtriebe wandern über das Papier, erblühen
zu berauschenden psychedelischen Mustern in erstaunlich intensiven
Tönen. Als ›Bilder, die sich selbst malen‹ wurden die hier erstmals
in Buchform veröffentlichten Farbexperimente des ›Dr. Gift‹ weltbekannt.
Die ›Runge-Bilder‹ sind früheste Beispiele der heute auch im Chemie-Unterricht
verwendeten Papierchromatographie. Runge, auf den einige bedeutende
chemikalische Entdeckungen, darunter das ›Quecksilber-Herz‹
zurückgehen, untersuchte die farblichen Reaktionen beim Kontakt unterschiedlicher
chemischer Stoffe wie Ammoniak, Eisen- oder Kupferoxyd.
Ergebnis dieser Experimente sind faszinierende Farbexplosionen, die er
unter dem Titel Der Bildungstrieb der Stoffe in Musterbüchern zusammenfasste.
Diese in erster Linie aus naturwissenschaftlichem Interesse
geführten Experimente zeugen von einem ästhetischen Willen, der die
Avantgarden des 20. Jahrhunderts vorwegnimmt.