Der Kalender des Zeltmachers

Paulus, Nero und die babylonischen Bilder Hollywoods

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Im ersten nachchristlichen Jahrhundert kämpfen zwei Männer um die Macht in der Welthauptstadt Rom: der junge exzentrische, künstlerisch begabte Kaiser Nero und der jüdische Wanderprediger Paulus. Nero, von seiner ehrgeizigen Mutter Agrippina an die Spitze des Staates gezwungen, will sich und seinen Bürgern ein Reich der Schönheit schaffen, dessen Ruhm ihn unsterblich macht. Der Pharisäer Paulus, ein Kind der griechischen nicht weniger als der jüdischen Kultur, glaubt sich vom verstorbenen Jesus von Nazareth beauftragt, die Menschheit für ein unmittelbar bevorstehendes Gottesreich zu gewinnen. Ungewollt und von den palästinensischen Jesusjüngern mit Misstrauen und Feindschaft verfolgt, schafft er dabei die Grundlagen einer neuen Weltreligion.
Im Zwanzigsten Jahrhundert erleben Nero und Paulus ihre ikonische Auferstehung. Kaliforniens Hollywood, das sich anschickt, die Welthauptstadt des Spielfilms zu werden, nimmt sich ihrer an und schafft die Bilder, die sich dem Weltpublikum eingeprägt haben.
In die amerikanischen Turbulenzen, bestimmt von Wirtschaftskrise, Lebensgier, Puritanismus, Freiheitsverlangen und diktatorischen Bedrohungen, geraten auch zwei junge Auswanderer aus Deutschland − und werden zu Handelnden.
Im kühnen Griff durch die Zeiten erzählt der Roman Der Kalender des Zeltmachers aus verschiedenen Sichtweisen von politischen, kulturellen und religiösen Kräften, die das Leben des Einzelnen herausfordern, lenken und erschüttern.

„Paulina, die Nero mochte, sagte einmal, ohne Macht wäre er einfach nur ein großer Künstler gewesen. Als mächtiger Caesar habe er aber die Schwäche seiner Natur offenbart. Seneca hatte widersprochen: Wer Nero verurteile, müsse sich selbst ehrlich fragen, wie er sich verhielte, wenn ihm alles erlaubt wäre. An ihm wie auch an seinem Onkel Gaius Caesar, den man heute Caligula nenne, lernten wir den Menschen kennen. Ein schwer auszuhaltender Gedanke, gewiss. In Nero zeige sich der Mensch, den keine Grenze mehr aufhalte, in allen seinen menschlichen Möglichkeiten. Guter Grund, sein Standbild in jede Wohnung zu stellen.“