Der Schatz des Wassermannes

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Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, hatte schwarze Mauern, gelbes Wasser und Türme, deren Räder sich am Horizont drehten. Die Mauern waren die Mauern unseres Wohnblocks und aller Gebäude, an die ich mich erinnern kann: Der Kindergarten, die Abtei, die Schule und das Krankenhaus, auf dem der Heilige Johannes sehr hoch oben – und nur mit dem Fernglas zu erkennen – sein goldenes Kreuz in den Himmel hob. Besonders sein schweres Gewand schien mir Ausdruck seiner Heiligkeit zu sein. Die Faltengebirge, aus denen Arm und Gesicht sich hervorkämpften, waren für mich die eigentliche Ursache seines Schmerzes, und das triumphierende Kreuz ein Sieg über den monströsen Kleiderberg. Ab und zu probierte ich die Mode aus, die Christus und seine Heiligen auf den Bildern trugen. Die schwere Sofadecke, die mir immer wieder von den Schultern rutschte und in der sich meine Beine verhedderten, überzeugte mich jedesmal aufs Neue vom schweren Schicksal der Heiligen. Aber auch der Heilige Johannes hoch oben auf dem Krankenhausdach war wie von Drachenhauch verrußt und seine Haut so verpickelt schwarz wie die Haut der Häuser und Mauern überall in den Straßen. Es war, als hätte Gott in seinem Puderkasten für die Gebäude und das Gras nur noch Schwarz übriggehabt – und wenn unsere Mütter die Wäsche zu lange draußen hängen ließen, auch für die Wäsche. Aber was war das für ein Schwarz! In meiner Erinnerung ist es ein feines, tiefes, glückliches Schwarz.