Der Tote von Passy

Roman

von

Lange Zeit wünschte ich den Tod meiner Eltern. Ich liebte sie, und ich schämte mich für diesen Wunsch. Seine Erfüllung aber schien dem Mädchen, das ich war, die einzige Rettung für unsere Familie. Ich dachte, wenn sie tot wären, würden wir glücklich sein und ihre Sorgen hätten ein Ende. Wer sind meine Eltern gewesen, bevor sie meine Eltern wurden? Ich habe mir die Frage zu spät gestellt.
Etwas stimmte mit ihnen nicht. Sie waren nicht einverstanden mit ihrem Leben. Da war diese Unruhe im Haus. Unglück in den Augen meiner Mutter. Zorn in der Stimme meines Vaters. Ihr Mund. Sein Blick. In mir ein diffuses Schuldgefühl. Etwas schien nicht zusammenzugehen. Ich spürte das. Sie quälten sich. Aber ich wusste nicht womit.‘
Die Protagonistin in Barbara Bongartz’ autobiografischem Roman erhält eines Tages einen versiegelten Brief, in dem ihr mitgeteilt wird, dass ihr eigentlicher, leiblicher Vater in wenigen Tagen in Paris auf dem Friedhof von Passy beerdigt wird. Nur kurz zögert sie, begibt sich dann auf den Weg nach Frankreich.
Eine aufregende Suche nach den eigenen und zugleich fremden familiären Wurzeln, nach einer neuen Identität, beginnt. Immer wieder nimmt die Geschichte für die Protagonistin und für den Leser eine unvorhergesehene, überraschende Wendung, immer vielschichtiger zeigt sich der Weg in die Vergangenheit.
In schnörkelloser, klarer Sprache gelingt Barbara Bongartz ein sehr leiser, eindringlicher Roman, der die Frage nach der eigenen Identität stellt, die der Leser aber am Ende doch für sich selbst beantworten muss.