Der zweite Schritt

Ein neues feministisches Manifest

von

‚Eigentlich wollte ich nicht noch ein Buch über die Frauenfrage schreiben. Ich bin der pragmatischen, allzu schwerfälligen Kämpfe der Frauenbewegung müde und die Rhetorik leid. Ich wollte leben.
Aber in den letzten Jahren, in denen ich mich beruflichen und politischen Herausforderungen stellte und Ordnung zu bringen versuchte in mein Leben, das seit beinahe zwanzig Jahren ganz auf die Frauenbewegung ausgerichtet war, bedrängte mich etwas Neues, das mich unsicher macht und das ständig da ist. In Gesprächen mit meiner Tochter, meinen Söhnen und anderen jungen Leuten ihres Alters, fühle ich, daß etwas nicht stimmt, etwas falsch läuft, wenn sie die Gleichberechtigung leben wollen, für die wir gekämpft haben.
Es ist deutlich geworden, daß der Schwung der Bewegung für die Gleichheit der Frau gebremst wird oder sich wandelt, wenn er mit der Grundfrage des Überlebens in den achtziger Jahren kollidiert oder zusammengeht. Ist der Feminismus ein theoretischer Luxus, ein liberaler oder radikaler Gedanke, mit dem wir in der Schlußphase der Überflußgesellschaft spielen durften, während der Zeit des Zerfalls einer hochkapitalistischen Gesellschaft – ein Gedanke, der kein Gewicht mehr hat angesichts der düsteren Realität und beim Versuch des nackten Überlebens? Oder ist nicht vielmehr die Gleichheit selbst eine Grundfrage des Überlebens der Menschheit?‘