Deutschlands Fremdeln mit dem Liberalismus

Szenen aus dem politischen Alltag

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Der Liberalismus hat in Deutschland traditionell einen schweren Stand. Die Freude an der scharf, aber fair geführten politischen Kontroverse, am Aus-der-Reihe-Tanzen sucht man meist vergebens. Nicht von ungefähr ist der Exzentriker hierzulande nahezu unbekannt. Statt Dissens als Normalfall zu betrachten, die Auseinandersetzung zu suchen, setzt man alles daran, Konsens einzuklagen, »runde Tische« zu gründen, Abweichler einzuhegen oder auszugrenzen – wenn nötig, auch mit unlauteren Mitteln. Gesinnung siegt im Zweifelsfall über die besseren Argumente. Roger Letsch beobachtet mit wachsendem Unbehagen, wie sich diese hierzulande ohnehin verbreitete Neigung in den letzten Jahren noch verschärft hat. Aus eigener biographischer Erfahrung weiß er, welche Folgen allgemeines Duckmäusertum und politische Bevormundung für ein freiheitliches Gemeinwesen zeitigt. Er warnt daher vor dem Zurechtstutzen des politischen Meinungsspektrums und betont die Pflicht des Einzelnen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen.