Die Albatros

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Volter Kilpis monumentaler Roman „Alastalon salissa“ (1933) zählt zu den Klassikern der finnischen literarischen Moderne. In Finnland genießt das Werk bis heute Kultstatus. „Alastalon salissa“ – „In der guten Stube des Hofes Alastalo“ – ist, nicht nur hierin dem „Ulysses“ von James Joyce verwandt, ein „Eintagesroman“ von rund tausend Seiten, dessen zeitlicher Rahmen nur sechs Stunden umfaßt und dessen Schauplatz der große Saal des Hofes Alastalo in der Schärenregion rund um Turku ist. Dort kommen die Männer zu einer wegweisenden Gemeindeversammlung zusammen. In dieser Runde wird auch die in sich geschlossene Geschichte der „Albatros“ erzählt, die hier als Binnenerzählung selbständig und zum ersten Mal auf Deutsch veröffentlicht wird.
Erzählt wird, wie Ville aus Vaasa davon träumt, vom Buchhalter zum großen Reeder zu werden, dessen Schiffe in exotische Weltenmeere vordringen und beladen mit Reichtümern zurückkehren. Die fixe Idee wächst sich zu seinem einzigen Lebensinhalt aus und auf einmal scheint der Bau eines Dreimasters nicht mehr reine Utopie. Ville setzt alles auf eine Karte.
„Alaston salissa“ wurde 1992 von Künstlern und Intellektuellen zum besten literarischen Werk des modernen Finnlands gekürt, ein populärer Musiker empfahl, es jeden Monat ganz zu lesen – das helfe, zu träumen.
Volter Kilpi (1874-1939) begann um die Jahrhundertwende als symbolistischer Autor. Mit seiner Schärentrilogie – „Alaston salissa“ (1933), den Erzählungen „Pitäjan pienempiä“ (1934, „Die kleineren Leute der Gemeinde“) und dem zweiten „Eintagesroman“ „Kirkolle“ (1937, „Auf dem Weg zur Kirche“) – erneuerte er die finnische Literatur grundlegend und führte Erzählformen ein, die ihm Vergleiche mit Proust oder Joyce – und 1934 den Staatspreis für Literatur – eintrugen: innere Monologe, Bewußtseinsstrom, Neologismen, Allegorien etc.