Die Bürgschaft

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Hanna Horst, die dieses Buch gestaltet hat, beobachtet schon früh die Gesichter der Menschen, skizziert sie, freut sich an der Reaktion der Betrachter. Sie findet immer wieder Auftraggeber für das Portraitieren, sieht den Eltern über die Schulter, die die ebenfalls Gesichter zeichnen. Die Veranlagung wird ständig weiterentwickelt. Durch ihre Heirat mit Jürgen Horst ist sie unabhängig, wird von ihm, der Tochter Christiane und dem Sohn Holger in ihrem künstlerischen Schaffen unterstützt, kritisch gefördert, sie sind ihre zuverlässigsten Modelle.
Ein Portraitauftrag, dessen Ausführung vom Auftraggeber nicht akzeptiert wird, aber doch außerordentlich zutrifft, ist der Auslöser für den Gesichterzyklus „Die Bürgschaft“ zu der gleichnamigen Ballade Friedrich von Schillers. Hier kann Hanna Horst endlich alle Befindlichkeiten menschlicher Grundsituationen intensiv erarbeiten:

Die Entschlossenheit, die Einsicht, die Bosheit, das Vertrauen, die Eile, die Bestürzung, das Rufen, das Flehen, der Mut, das Entsetzen, die Wut, die Mattigkeit, das Lauschen, die Sorge, die Angst, die Zurückweisung, die Verzweiflung, der Befreiungsschrei, die Erlösung, die Bitte.
Hanna Horst entwickelt in diesem Zyklus, der sich 1995 für dieses Buch zeichnerisch kristallisiert hat, mit starkem Willen eine deutliche Formensprache, um so eigenständige Portrait-Zeichen entstehen zu lassen. Sie sind auf das Wesentliche beschränkt, wenige Konturen, Augen, Nase, Mund in klarer heftiger Schraffur verdeutlicht.
Die Zeichnungen weisen zum Teil entschiedene Härte, dann wieder hingebungsvolle Weichheit auf. Hanna Horst läßt sich vom Textgeschehen leiten. Sensibel fängt sie die entscheidenden Lebenslinien in Gesichtern ein, die weiblichem genauso so entsprechen wie männlichem Empfinden.