Die Colatrinker

Gedichte 1983-1999

von

Seit seinem Studium am Leipziger „Institut Johannes R. Becher“ Anfang der achtziger Jahre sind 15 Bände mit lyrischen Texten und Prosa von Thomas Böhme erschienen. Zu DDR-Zeiten publizierte der „Raubvogel in der Volière der DDR-Lyrik“ (Harald Hartung in der FAZ) beim Aufbau Verlag, nach der Vereinigung in verschiedenen Verlagen, unter anderem bei Galrev und der Eremiten-Presse. Das frühe Werk war nach der Vereinigung weitgehend vom Markt verschwunden und wird hier seit langem wieder zugänglich gemacht. Das Bertelsmann Literaturlexikon bescheinigt Böhme eine konsequent moderne Lyriksprache, die selbstbewußt mit Zitaten und Anspielungen arbeitet.
Das liest sich so:

ablaß

ich auf reisen. ich allein séparée.
etwas füllt meinen leib – eine kaugummi
blase voll vom äther der nächte so viel
leichter als luft daß ich aufflieg

mich körperkopf in einem sessel erblicke
die augen starr auf den videoschirm
gepeilt: fellatio mit blaustich.
die komparsen die katzenartigen schlecker

kralln ihre nägel ins fleisch. keine
freude freund. film stockt stoppt adrenalin
schock. das rinnsal erstarrt – violette
konserve. und dafür noch geld gottmeingott.

„Die Cola-Trinker“ dokumentiert die Entwicklung eines faszinierendes Autors. Im unaufgeregten Literaturbetrieb der DDR konnte Böhme starke Wurzeln austreiben, die bis heute die lust- und anspruchsvollen Ausschweifungen seiner Phantasie sicher tragen. Handwerklich „altmodisch“, klopft Böhme große Traditionslinien darauf ab, wieviel modernes Leben sie verkraften. Zur Freude des Lesers verkraften sie einiges.