Die leibhaftige Malerei

von ,

Honoré de Balzacs Erzählung Das unbekannte Meisterwerk hat auf gespenstische, aber paradigmatische Weise den Abgrund überbrückt zwischen dem reinen Reich der bildlichen Repräsentation und dem intensiven Wunsch danach, im Abbild zumindest eines Stücks der Körperlichkeit des Originals teilhaftig zu werden. Das krankhaft obsessive Beispiel des Barockmalers, der ein absolutes Kunstwerk schaffen will, indem er eine Frau in all ihrer Schönheit und Lebendigkeit auf der Leinwand wiedererweckt, wird in seiner Maßlosigkeit ernstgenommen und in seinem Scheitern detailliert geschildert.

Didi-Huberman zeichnet diesen Zusammenhang von malerischem Zeichen (sema) und begehrtem Körper (soma) nicht nur im Kontext der anspielungsreichen Erzählung von Balzac nach, sondern öffnet die Archive der abendländischen Ästhetik, in denen sich die Träume von Blut, Schweiß und Tränen der gemalten Figuren niedergeschlagen haben.