Die Morsezeichen der Zikaden

Sieben Erzählungen

von

Unterwegs an den verletzbaren Rändern Europas, quer durch vier Länder hindurch – es sind die umkämpften Gebiete entlang einer imaginären Grenze, die in Die Morsezeichen der Zikaden zu Schauplätzen einer anderen Evidenz werden. Neben Armenien, Georgien und der Ukraine gehört auch ein Dorf an der ungarisch-rumänischen Grenze zu dem umkreisten Territorium der Teilungen und Trennungen.
In sieben Erzählungen schreibt Barbara Eder über das Leben, Sterben, Arbeiten und Auswandern aus den verwundeten Zonen zwischen Asien und Europa, seinem Westen und seinem Osten. Die Protagonistinnen und Protagonisten der Geschichten morsen von Kriegsschauplätzen aus, wühlen in familiären Phantasmen, durchleben den Irrsinn von nicht enden wollenden Odysseen, kämpfen mit den Betriebsanleitungen von dysfunktionalen Vehikeln gleichermaßen wie mit den Stigmata ihrer Herkunft, werfen ihre Existenzen weg, finden sich anderswo wieder und machen weiter.
Es sind Außenseiter, Zurückgelassene oder durch Zufall in den Peripherien der ehemaligen Sowjetunion Gestrandete, die die Autorin in ihrem Buch zu Wort – und damit auch zur Sprache – kommen lässt. Diese ist nicht selten gebrochen und mit Wörtern aus anderen Sprachen durchsetzt. Es werden Zäsuren im Erzählfluss gesetzt, in der zeitweilig zerhackten Syntax manifestiert sich das Stocken der Rede in Anbetracht einer neuen Realität, die von Geld, Korruption und Entsolidarisierung beherrscht ist. Am Ende gibt es keine Gewissheiten mehr: Das Vertraute ist fremd geworden, die Mimikry ans Neue misslungen. Was bleibt, sind starke Affekte und eine existenziell irrwitzige Freiheit. Man nimmt sie sich nicht – man wird in sie gestoßen.