Die Todten kommen wieder!

Der wiederkehrende griechische Kaiser und Der Hexen-Sabbath

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‚Zum Handwerker war ich zu schwach, zum Geistlichen zu klein und ohne Erleuchtung, zum Fürsten ohne Geburt und Erbe: gleich wieder fortgehn war mir vom Geschick untersagt, denn ich lebte weiter und hatte mein Gedeihn zu einer Art, die fast mit dem Zwerge Grenznachbar ist. Da war ein kluger Oheim, der sagte: laßt uns das Kind zu einem Narren erziehen, die Waare ist an Höfen unentbehrlich.‘

In einer spannenden, zu Beginn des 13. Jahrhunderts in Flandern spielenden Geschichte beschäftigt sich Tieck mit den großen Themen seiner Altersnovellistik: Macht und ihr Mißbrauch, die Korrumpiertheit weltlicher und geistlicher Fürsten und die Widerstandspotentiale von Poeten, Verliebten und Narren.

Ludwig Tiecks (1773–1853) ‚Der wiederkehrende griechische Kaiser‘ (1831) wird gemeinhin als weniger bedeutendes Werk des ‚Königs der Romantik‘ betrachtet. Diese Einschätzung kann jetzt, nach diversen aktuellen Lektionen in politischer Scharlatanerie und anmaßender Selbstherrlichkeit und dank dieser Neuausgabe, revidiert werden. Die Novelle kann als Vorstufe zu ‚Der Hexen-Sabbath‘ (1832) gelesen werden.

‚An derselben Stelle, wo vor vielen Jahren die Angeklagten waren verbrannt worden, wurde, nachdem man ihre Ehrenrettung laut vorgelesen hatte, eine lustige Comödie gespielt, über welche die Zuschauer viel lachten. Und doch war dieser unsinnige Hexen-Prozeß nur der erste große in Europa (…)‘

Mit dieser Geschichte aus der Zeit der Hexenverfolgungen im burgundischen Arras um die Mitte des 15. Jahrhunderts erweist sich Ludwig Tieck (1773–1853) einmal mehr als scharfsinniger Analytiker politischer Willkür: Rechtsunsicherheit, Machtmißbrauch, Korruption, Folter und Mord bilden die eine Seite dieses Lehrstücks. Auf der anderen stehen Phantasie, Freundschaft, Liebe und Kunst – die Bereitschaft, Abweichendes zu tolerieren und wertzuschätzen.

‚Der Hexen-Sabbath‘ (1832) ist als eines der bedeutendsten Werke Tiecks anerkannt. Der Historiker Friedrich von Raumer bezeichnete die Novelle als ‚opus mirandum‘. Sie zielt – wie alle großen historischen Dichtungen – auf Gegenwart und Zukunft.