Diskurs und Religion

Der psychoanalytische Wahrheitszugang nach Jacques Lacan als religionsphilosophische Problematik

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Durch das Unbewusste seit Freud hat sich auch das klassische Wahrheitsverständnis als Entsprechung zwischen Denken und Wirklichkeit verändert. Lacan geht durch seine sprachlich-strukturalistische Sichtweise noch einen Schritt weiter, indem er dem „psychoanalytischen Diskurs“ im Unterschied zu anderen „Herrendiskursen“ eine Wahrheitsfindung zuschreibt, die von keinem vorgängigen Wissen mehr abhängig ist.
Daraus leitet sich eine Freisetzung des Subjekts von lebensweltlichen „Anrufungsprozessen“ ab, die Begehren und Genießen (jouissance) auf imaginäre Objekte hin fixieren.
Insofern der Bezug zur radikalen Andersheit über die Symbolik der Sprache ein Sagen intendiert, das in keinem Gesagten jemals aufgeht, kann der Wahrheitsort solchen Sprechens auch „Gott“ genannt werden.
Letzterer scheint ebenfalls in der (weiblichen) jouissance auf, insofern diese von keiner welthaften Totalität erfüllt wird.
Zusammen mit der Lebensphänomenologie ergibt sich dadurch eine Bestimmung von religio diesseits von phantasmatisch individuellen und gesellschaftlichen Bildern.