Dunkelheit am Ende des Tunnels

Geschichten

von

Eine rabenschwarze Entdeckung aus Norwegen: Nachts, eine alte Frau schaut schlaflos aus dem Fenster in ein Café gegenüber, in dem sich neben dem Kellner noch drei späte Gäste befinden, ein Pärchen und ein dicker alter Mann. Niemand spricht, Zigaretten werden angezündet, die Gedanken der fünf Personen mäandern sich einsam auf einen Punkt zu, ‚an dem wir glauben, es nicht mehr auszuhalten, keine Woche, keinen Tag, keine Stunde, keine Minute, keine Sekunde länger, aber wir sagen uns, Nur noch eine Sekunde, eine Minute, eine Stunde, einen Tag, eine Woche, dann ist Schluss.‘
Tor Ulven gilt inzwischen als einer der bedeutendsten Dichter in der norwegischen Nachkriegsliteratur. In den 80er und frühen 90er Jahren, mitten in der Zeit der New Economy und der boomenden Pop-Literatur, schrieb er seine finsteren Bücher, die mit manchmal beißendem Sarkasmus von Vergeblichkeit und Lebensunlust künden. Seine Erzähler sitzen im Dunklen und protokollieren ihre Schlaflosigkeit, sie geben sich ihren Ängsten hin oder verschwinden in ihren Erinnerungen. In Ulvens letztem zu Lebzeiten veröffentlichten Prosaband ‚Dunkelheit am Ende des Tunnels‘ ist das Leben bereits so unerreichbar fern, ist das erzählende Ich schon so getrennt von der Welt, dass es den Anschluss an das Leben der anderen draußen nur mehr über komisch-verzweifelte Gedankenanstrengungen zu erreichen versucht. Es sind Endspiele, und in der Tat tritt die Welt von Samuel Beckett, seine Lakonie, sein Witz, seine zunehmende Reduktion, auch in Tor Ulvens Werken zutage.
Wir treten beim Lesen in eine Welt ein, die uns gefangennimmt durch ihre klaustrophobe Konzentration und ihre zwingenden kleinen Gedankenspiele – und die uns erschreckt mit ihren Abgründen, ihrer Verzweiflung und Aussichtslosigkeit. Eine literarische Entdeckung ersten Ranges!