Einträge in die Enzyklopädie des Augenblicks

Aufsätze und Vorlesungen

von

‚Mit Herbert J. Wimmer wird der Heimrad-Bäcker-Preis 2009 an einen Wegbegleiter, Wegbereiter und herausragenden Protagonisten der österreichischen Avantgardeliteratur nach 1945 verliehen. In seiner reflektierenden Prosa erkundet Wimmer aus konstruktivistischer Perspektive die Frage, wie wir uns selbst und unsere Umwelt wahrnehmen können.‘

Diese Worte aus der Begründung der Heimrad-Bäcker-Preis-Jury lassen sich auch auf Wimmers literaturtheoretische Texte anwenden. Seine Aufsätze zur und über Literatur sind leidenschaftliche Reflexionen über die Arbeiten von anregenden Zeitgenossen und Vorbildern – wobei literarische Vorfahren die Aktualität von Zeitgenossen haben: James Joyce neben Oswald Wiener, Melchior Vischer neben Elfriede Jelinek, Edgar Allan Poe neben Henri Michaux. Dichter und Dichterinnen wie Friedrich Achleitner, Konrad Bayer, Elfriede Gerstl, Gerhard Rühm und der Medientheoretiker und Konsequente Konstruktivist Siegfried J. Schmidt gehören für ihn zum Beziehungsgeflecht der Welt gegenwärtiger Moderne, in der er schreibt, die er beschreibt und erschreibt. Wahrnehmung, (Selbst-)Reflexion und schöpferische Aktion ist bei Wimmer nicht voneinander zu trennen. Eines durchdringt und strukturiert das andere – und lässt hoffen auf wechselwirkende Weiterentwicklung, in andauernder Offenheit.

Einen besonderen Stellenwert nehmen jene Vorlesungen zur Literatur ein, in denen Herbert J. Wimmer die Produktionsgeschichte seiner Romane aufarbeitet – wobei er sich durchaus der Gefahr bewusst bleibt, derart seine ‚bücher im eigenen saft zu ertränken‘. Mit Umberto Eco denkt er: ‚Ein Erzähler darf das eigene Werk nicht interpretieren, andernfalls hätte er keinen Roman geschrieben, denn ein Roman ist eine Maschine zur Erzeugung von Interpretationen.‘ Beschäftigung mit dem eigenen Werk ist bei Wimmer als Erzählung vom Arbeitsprozess zu verstehen, eine sich fortschreibende Geschichte, die viele Abschweifungen beinhaltet – ‚denn wie immer beim schreiben ist der autor in sich unterwegs, nicht um sich zu finden, denn er hat sich nicht verloren, sondern um die schreibfrüchte des lesenden zu ernten.‘