Er war zwei Zentimeter größer als Napoleon

oder: Erinnerungen an meinen Vater

von

„Mach doch den zweiten Fensterladen auf, damit mehr Licht hereinkomme“. Das sollen die letzten Worte von Johann Wolfgang von Goethe gewesen sein.
Dieser Satz trifft auch zu, wenn man als Sohn des Verstorbenen bei der Testamentseröffnung erfährt, dass man enterbt worden ist und den Grund dafür nicht kennt. Um nicht aus der Bahn geworfen zu werden, gilt es dann, sich mit dem Schatten, den solche Ereignisse auf das eigene Leben werfen, auseinanderzusetzen und die Fragen zu klären, was dieser Vater eigentlich für ein Mensch war und was Begriffe wie Vaterschaft und Erbschaft bedeuten.
Julien Poudel begibt sich in dem vorliegenden Buch auf eine Zeitreise, die den Lebenslinien seines verstorbenen Vaters und seiner Angehörigen folgt und dabei eine komplexe Vater-Sohn-Beziehung in ihrem Verlauf beschreibt.
95 Jahre gelebten Lebens gehen in Form einer literarischen Retrospektive und zeitgeschichtlichen Forschungsreise in dieses Buch ein. Entscheidungen und Wege des Verstorbenen werden so auf eindrucksvolle Weise nachvollziehbar und verständlich.
Und nicht zuletzt ist dieses Buch für den Autor auch eine Befragung des eigenen Herzens mit der allem zugrundeliegenden Überzeugung, dass man das liebevolle Angedenken an den eigenen Vater nur dann bewahren und sich mit ihm versöhnen kann, wenn man vor dem Fremden und Zerstörerischen in der Vater-Sohn-Beziehung nicht zurückschreckt.
Die humorvolle Analyse des Autors zeigt, wie eng Trauer und Lachen beieinanderliegen und wie viele komische Seiten an den Tag kommen, wenn man die Höhen und Tiefen der Lebensreise einer Persönlichkeit genauer beleuchtet. Wie großartig, wenn sich dabei sogar Ähnlichkeiten mit Persönlichkeiten der Weltgeschichte zeigen.
„Er war zwei Zentimeter größer als Napoleon“ ist ein Buch, bei dem es um das Verstehenwollen geht, gemäß den Worten des Dichters Hans Magnus Enzensberger: „Wer das Licht sehen will wie es ist, muß zurückweichen in den Schatten.“