Erkenntnis durch Abgründe

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„Erkenntnis durch Abgründe“ erschien 1961 als letztes der sogenannten ›Drogenbücher‹ von Henri Michaux, nach „Unseliges Wunder“ (1956) und „Turbulenz im Unendlichen“ (1957).

Doch, anders als bei den Vorläufern, liefert Michaux hier nicht so sehr exakte Protokolle von Drogenexperimenten, vielmehr versucht er eine Phänomenologie und Systematisierung der Visionen zu erreichen, die unter dem Einfluss von Meskalin, Psilocybin und Haschisch auftreten, wie etwa Visionen von Ornamenten, Grimassen, Ruinen, Bergen, Minaretten, von Tieren, deren Hälse sich fantastisch verlängern. Doch viele der Visionen erweisen sich als ‚unübersetzbar‘, Benennendes und Benanntes klaffen auseinander, die Unzulänglichkeit der Sprache neuen Erfahrungen gegenüber wird unübersehbar. Im Haschischrausch treten Sprachfetzen punktuell und mit hoher Beschleunigung auf, während ihr Sinn ‚verreist‘ ist. Michaux versucht, diese ‚Sprachbildpunkte‘ (‚Rege punktiere ich, das ist mein Job‘) aufzuzeichnen und gelangt so zu einem ‚langen‘ Gedicht, dem Kernstück des gesamten Buches.

In einem zweiten Teil des Buches, ‚Abgrund-Situationen‘, setzt Michaux die durch Drogen künstlich erzeugten Zustände mit den Wahnbildern und Verhaltensweisen Geisteskranker in Verbindung. Extremfall ist die Katatonie, bei der es zu einem vollständigen ‚arrêt‘, Stillstand, gekommen ist – ein Topos, der das ganze Buch durchzieht.