Existentieller Mythos – mythische Existenz

Rekonstruktion - Kritik und Transformation des Mythos bei Karl Jaspers

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Der Mythos bzw. das mythische Denken ist in der Philosophie Karl Jaspers keineswegs ein randständiger, mithin sporadisch abgehandelter Topos. Hat Jaspers auch keine explizite Mythostheorie vorzuweisen, bemüht er sich doch, jene archaischen Denkformen zu rehabilitieren, welche, der Rationalität zum Trotz, noch auf subversive Weise von seiner Existenzphilosophie Besitz ergreifen. Gerade dort, wo es ihm um „genuine Metaphysik“ zu tun ist, weiß sich der gegen alle Aufklärung resistente Mythos als „Chiffre der Transzendenz“ zu behaupten, unter deren Regie die „Existenz“ auf den Ursprung, auf das Unbedingte verpflichtet wird. Und: Jaspers läßt den Mythos immer dann zur Sprache kommen, wenn die Perspektive der Daseinsbewältigung und Sinngebung ins Zentrum seines Philosophierens gerückt wird. Indes müssen die damit zusammenhängenden Motive wie „ewige Gegenwart“ und „hoher Augenblick“ nicht generell unter Ideologieverdacht stehen. An der Schnittstelle von Erkenntniskritik und Kulturanthropologie stehend, vermag eine auf Aktualisierung hin angelegte Transformation der Jaspers‘schen, von Mythen durchsetzten Theoreme durchaus neue Akzente zu setzen, die sich seiner „Existenzerhellung“, einer auf das Selbst-Sein hin angelegten Spekulation behutsam annimmt.