Federgewicht

Roman

von

Exzentrische Familienverhältnisse: Ajot ist vor Jahrzehnten aus Ungarn nach Deutschland gekommen, hat einen Schlaganfall erlitten und ist nun an den Rollstuhl gefesselt. Dorothea, seine Pflegerin, stammt aus Ostdeutschland und hat seit wenigen Monaten ein uneheliches Kind. Elisabeth, die vierzigjährige Krankengymnastin Ajots, verläßt ihren Mann und ihre fast erwachsenen Kinder, um endlich ein eigenständiges, freies Leben zu beginnen.
Es sind die gewöhnlichen Zwischenfälle, Freuden oder Unglücke des bundesrepublikanischen Lebens, mit denen die drei konfrontiert werden. Dagmar Leupold braucht keine sensationellen Sujets, da sie es versteht, ihre Charaktere für den Leser so eindrucksvoll und plastisch zu machen, daß er ihrem Buch jederzeit gespannt folgt. Nie stilisiert sie ihre Helden zu bemitleidenswerten Außenseitern der Gesellschaft – es sind selbstbewußte Menschen, die entschlossen ihren persönlichen Weg am Rande des Alltäglichen gehen. Der Roman fesselt, weil er lebendige Figuren erschafft, die einen gefangennehmen: Ajot, der sanfte Ironiker, der in seiner Krankheit auch einen Glücksfall sieht, Dorothea, die sehr gelassene, ledige Mutter, der trotz ihrer Häuslichkeit immer neue Abendteuer angeboten werden und Elisabeth, die lebensgierige Abenteuerin, die schließlich zu häuslicher Ruhe zurückkehrt.
Der Roman ist ein erstaunliches Erzählkunststück, sein bestimmendes Merkmal das Fragment. Daß es Dagmar Leupold dennoch gelingt, ganze Menschen mit großer literarischer Vitalität zu erschaffen, ist die überraschende Qualität des Buches.