Fliege

Roman eines Augenblicks

von

Eine winzige Fliege landet an einem späten Sommerabend auf dem Bildschirm des Erzählers. Kein großes Ereignis, doch ein folgenreiches: das Motiv der Fliege aufgreifend, kommt ein Schreibprozess in Gang, ein Zickzackflug zwischen wechselnden Zielen aus Kindheit, Jugend und Gegenwart.

Im Mittelpunkt stehen die schon lange toten Eltern, der in der Schreibgegenwart verstorbene Onkel und auch dessen Tochter, die den Bogen zu den ersten erotischen Erfahrungen, einer ‚vor Neugier und Scham glühenden Zeit‘, herstellt. Die insistierende Beschäftigung mit Mutter und Vater erlaubt Blicke über den Familienhintergrund hinaus in die damaligen Orts- und Zeitverhältnisse und auf die Verletzungen durch Religion, Krieg und dörfliche Enge. Damit wird das fragmentarische Porträt einer zweiten Familie kontrastiert: der vom Erzähler ein Jahrzehnt danach selbst gegründeten, deren Hauptfiguren Schwiegervater und Ehefrau sind.

Aus diesem Erzählgespinst tritt auch immer wieder eine Gegenwartslinie stark hervor. Sie schließt zum städtischen Alltag kurz, zu den abwechslungsreichen Verwicklungen mit zwei Frauen, nicht nur in Form von Gesprächen über Kunst, Natur und Terrorismus.

Vivisektion und Erinnerung durchdringen einander in diesem ‚Roman eines Augenblicks‘ in einer unaufgeregten, aber keineswegs distanzierten Sprache und fächern mit jedem Anflugsversuch die Facetten vergangener und gegenwärtiger Liebe neu auf.